Die Rohstoffbranche ist verschwiegen, macht aber enorme Umsätze. Der Genfer Ölhändler Vitol beispielsweise handelte 2013 Waren im Wert von fast 300 Milliarden Franken. Trotz solch hoher Umsatzzahlen ist die Branche intransparent. Ein Umstand, der in der Öffentlichkeit und in der Politik immer wieder für Kritik sorgt.
Inzwischen sind einige dieser Firmen an die Börse gegangen und müssen informieren. Andreas Missbach ist Finanz- und Rohstoffexperte bei der Nichtregierungsorganisation Erklärung von Bern (EvB) und Co-Autor eines Buches über den Rohstoffhandel. Er stellt fest, dass die Branche trotzdem nicht transparenter geworden ist. Seit der Veröffentlichung des Buches im 2011 stehe sie aber unter erhöhter Beobachtung.
Das zeige nun Folgen: «Sie versucht, sich als transparenter darzustellen. Sie beginnt, mit der Öffentlichkeit zu kommunizieren», erklärt Missbach. «Und sie hat in den letzten Monaten viel Energie hineingesteckt, ihre Lobbyarbeit in Bern auszuweiten.»
Die Branche leugnet die Probleme
Der Bundesrat habe Nichtregierungsorganisationen und Rohstofffirmen an einen Tisch holen wollen. Das habe aber nicht geklappt, so Missbach. «Es haben Vorgespräche stattgefunden. Die waren aber getrennt. Es gab keine gemeinsamen Gespräche.» Von Seiten der Nichtregierungsorganisationen sei man zum Schluss gekommen, dass die Zeit noch nicht reif sei, um sich mit der Branche an einen Tisch zu setzen.
Das habe primär damit zu tun, dass die Branche auf einen Bericht der Universität St. Gallen sehr ablehnend reagiert habe, weiss der EvB-Vertreter. Der Bericht legte alle Probleme im Zusammenhang mit dem Rohstoffhandel dar. Die betroffenen Firmen seien «im Stadium des Leugnens der Probleme verharrt», kritisiert er.
«Auf der Stufe hat es keinen Sinn, wenn man versucht, Lösungen für diese Probleme zu finden.» Zunächst müssten die Probleme von allen Seiten anerkannt werden. Erst dann könne man versuchen, diese von unterschiedlicher Warte aus zu lösen. Doch: «Soweit sind wir mit dieser Branche noch nicht», so Missbach weiter.
Schweizer Gesetzesgeber gefordert
Im Fokus steht für die EvB die Rolle, die die Schweiz in diesem «Rohstoff-Fluch» spielt. Mit «Fluch» meint Missbach die Tatsache, dass die Bevölkerung in rohstoffreichen Entwicklungsländern kaum von diesem Reichtum profitiert. «Dort sind die Schweizer direkt betroffen, weil sie wichtige Handelspartner sind», erklärt der Experte. Sie stünden in der Pflicht, wenn es darum ginge, sicherzustellen, dass dieser Reichtum auch der Bevölkerung zugute komme.
Deshalb fordert die EvB ein Rohstoff-Transparenzgesetz: Rohstofffirmen – in der Schweiz die Rohstoffhändler – müssten Zahlungen an Regierungen offenlegen. «Dann wüsste die Bevölkerung, wie viel Geld reinkommt. Das ist heute überhaupt nicht bekannt.» Nigeria zum Beispiel sei sehr korrupt, die staatlichen Erdölfirmen absolut intransparent, kritisiert Missbach. «Das heisst, dass sich Leute bedienen.»
Die Offenlegung der Zahlungen müsste in der Schweiz passieren, weil die Regierungen vor Ort kein Interesse daran hätten, erläutert er weiter. «Dann könnte die Bevölkerung Druck auf ihre Regierungen ausüben, damit das Geld für das Bildungs- und Gesundheitswesen verwendet wird.» Missbach rechnet jedoch nicht damit, dass die Branche darauf eingeht, denn «da ist absolut keine Einsicht auszumachen».