Das Wichtigste in Kürze
- Vier Fünftel der weltweiten Vanille-Produktion kommt aus Madagaskar, wo ein Zyklon im März einen Teil des Anbaus zerstörte.
- Der Preis für das aromatische Gewürz stieg allerdings wegen der steigenden Nachfrage nach Natur-Vanille schon vorher stark an. Künstliches Vanillin ist nicht mehr in.
- Heute kostet ein Kilogramm Vanille über 600 Franken und damit mehr als Silber. Das wirkt sich auch auf Glacés, Kuchen, Crèmes und viele andere Produkte in der Schweiz aus.
Es war ein trauriges Bild für die Vanille-Bauern auf Madagaskar. Tausende grüne Früchte lagen am Boden, abgerissen von einem Zyklon, der im März über den südostafrikanischen Inselstaat fegte.
Monatelange Arbeit, die mit der Bestäubung der Blüten von Hand begann, war innert weniger Minuten zerstört. Schon da war nicht nur den Bauern, sondern auch den Einkäufern und Verarbeitern vor Ort sowie den Importeuren in aller Welt klar: Es wird ein hartes Vanille-Jahr.
Und plötzlich wollen alle Natur-Vanille
Rund 80 Prozent der weltweiten Produktion der beliebten Aroma-Schote kommt aus Madagaskar. Die Folge: Die Preise schossen in die Höhe. Zuletzt kostete ein Kilogramm Vanille-Schoten über 600 Franken. Erstmals mehr als Silber. Doch schon vor dem Sturm war Vanille teuer, kostete ein Vielfaches der knapp 30 Franken, die man noch vor zehn Jahren für ein Kilogramm bezahlte.
Die Gründe dafür kennt Birger Schmidt-Wiking vom traditionsreichen Vanille-Handelshaus Aust & Hachmann in Hamburg. Zum einen wollten die Kunden in Europa und den USA natürlichere Produkte. Deshalb setzten Nahrungsmittel- aber auch Kosmetik-Industrie wieder vermehrt auf natürliche Vanille. Dazu kommt der gestiegene Wohlstand beispielsweise in Osteuropa, wo künstliches Vanillin jetzt häufig durch Vanille ersetzt werde.
Vanille wird wieder interessant
Diese massiv höhere Nachfrage kann – unabhängig von Naturkatastrophen – nicht mehr gedeckt werden. Die tiefen Preise der letzten zehn bis 15 Jahre führten nämlich dazu, dass andere Produktionsländer wie Uganda, Indien, Indonesien und Papua Neuguinea den Anbau teilweise einstellten. Selbst in Madagaskar wurden gewisse Plantagen nicht mehr gepflegt, womit auch dort die Erträge deutlich zurückgingen.
Die Vanille-Bauern können für einmal Preise durchsetzen, die ihnen ein gutes Auskommen sichern.
Für jene Urwald-Bauern, die ihre Vanille-Lianen nicht aufgegeben hätten, aber auch für die lokalen Verarbeiter, sei die derzeitige Knappheit nicht nur schlecht, erklärt Schmidt-Wiking. Sie könnten für einmal Preise durchsetzen, die ihren Familien ein gutes Auskommen sicherten.
Mit einer mehrjährigen Durststrecke ist zu rechnen
In Europa wird es dagegen eng. Im Moment muss Schmidt-Wiking rund die Hälfte seiner Kunden abweisen. Seine Einkäufer finden in Madagaskar und anderswo nur noch wenige Schoten. Die wöchentlichen Containerladungen sind einzelnen Paletten gewichen. Bei der Bio-Vanille ist die Lage noch schwieriger.
Noch ein paar Jahre lang dürfte sich daran kaum etwas ändern. Auch wenn es sich wegen der hohen Preise wieder lohnt, Vanille-Lianen anzubauen. So werden seit zwei Jahren verstärkt in Madagaskar, aber auch in Indien und Indonesien neue Plantagen angelegt. Doch die Pflanzen brauchen drei bis fünf Jahre Entwicklungszeit, bis sie erstmals Früchte tragen.