Um ein Bankgeschäft abzuwickeln, ist der Gang zum Schalter meist nicht mehr nötig. Mittlerweile gibt es Banken, die rein digital funktionieren, wie beispielsweise N26. Dieser Finanzdienstleister bietet neu in der Schweiz gebührenfreie Euro-Konti an.
N26 ist vor allem in Europa aktiv, nun kommt das Unternehmen mit seinen digitalen Bank-Angeboten auch in die Schweiz. Georg Hauer, der bei N26 für den Markteintritt in die Schweiz verantwortlich ist, sagt nicht unbescheiden: «Beim Mobile-Banking ist N26 insgesamt Innovationsführer und wir sehen, dass andere Banken versuchen, uns zu kopieren.»
In einem ersten Schritt bietet N26 hierzulande lediglich ein digitales EURO-Konto an. Ein Schweizer-Franken-Konto soll erst viel später folgen. N26 zielt somit vorerst vor allem auf Leute, die viel im Euro-Raum reisen oder geschäften. Eine Nische. Doch Bankenprofessor Andreas Dietrich von der Hochschule Luzern findet, man solle diese digitale Neo-Bank nicht unterschätzen. Denn: «Es ist europaweit bereits ein wichtiger Player, hat mit 3.5 Millionen eine beachtliche Anzahl Kunden.»
Kostenlos, einfach, schnell
Bei digitalen Neo-Banken können die Kundinnen und Kunden beispielsweise Geld auf ein Konto transferieren, über das digitale Zahlungen praktisch gratis abgewickelt werden können: Kostenlose Kontoführung, Gratis-Debitkarte, gebührenfreier Zahlungsverkehr mit Fremdwährungen – grenzüberschreitend. Solche Angebote offerieren N26, Revolut und andere digitale Neo-Banken.
Im Fokus stehen alltägliche Geld-Geschäfte wie das Zahlen im Restaurant oder eine Geldüberweisung. «Im Alltagsbanking ist es für die meisten Kunden, vor allem die jüngeren, wichtig, dass es kostenlos, einfach und schnell ist. Diese drei Bedürfnisse werden von den mobilen Banken sehr gut befriedigt», so Dietrich.
Was sagt die Schweizer Bankbranche zur neuen, digitalen Konkurrenz, die ihnen einen Teil des bisherigen Geschäfts streitig macht? Jörg Gasser, Direktor der Bankiervereinigung, beobachtet, dass der Wettbewerb härter wird. Jede herkömmliche Bank in der Schweiz müsse ihre Strategie überprüfen: «Wenn sie ähnliche Angebote wie N26 oder Revolut anbieten möchte, wird sie das tun. Ihr Vorteil wird sein, dass sie auf eine lange Erfahrung zurückblicken kann, Sicherheit bietet und grosses Vertrauen besitzt.» Das bleibe ein Vorteil im Markt.
Gasser geht davon aus, dass künftig wohl jeder Kunde mit mehreren Bank-Anbietern Kontakt haben wird – mit klassischen und rein digitalen. Vorläufig konzentrieren sich N26 oder Revolut noch auf ein paar wenige Dienstleistungen, zum Beispiel im internationalen Zahlungsverkehr.
Professor Dietrich ist überzeugt: Damit werden sich die aufstrebenden Digital-Banken langfristig nicht zufriedengeben. «Mit der Zeit erwarte ich, dass Revolut und N26 zusätzliche Angebote lancieren und versuchen werden, die Kunden von den Hausbanken wegzukriegen.»
Veraltetes Gebührenmodell?
Schweizer Banken sind demnach gut beraten, wenn sie den Kontakt zu ihren Kunden intensiv pflegen: Und zwar nicht nur alle fünf Jahre beim Verlängern der Hypothek oder beim Besprechen des Vorsorge-Plans fürs Alter. Die herkömmlichen Banken werden wohl schon bald ihr Gebührenmodell überdenken müssen.
Künftig werden immer weniger Kundinnen und Kunden bereit sein, für exakt dieselbe Dienstleistung bei der Hausbank Gebühren zu zahlen, wenn es bei der digitalen Konkurrenz gratis geht.