Der Konsument muss genau hinschauen, damit er den Unterschied erkennt. Sie sehen aus wie normale Preisschilder, sind jedoch kleine Bildschirme, die den Preis anzeigen. Bereits jetzt hängen solche an den Regalen zweier Filialen der Migros-Genossenschaft Aare. Und bald auch in anderen: Die grösste Migros-Genossenschaft hat beschlossen, in allen neuen sowie künftig umgebauten Aare-Supermärkten elektronische Preisschilder einzuführen. Doch damit verschwindet nicht nur das Papier. Es könnte ein Trend entstehen, dessen Folgen für Konsumenten und Detailhändler frappant sind.
Preise auf Knopfdruck ändern
Bisher galt: Einmal aufs Papier gedruckt, waren die Preise fix. Nicht mehr bei digitalen Preisschildern. Dank diesen können Preise rund um die Uhr auf Knopfdruck geändert werden – je nach Nachfrage, Tageszeit und Lagerbestand. Konsumetenschützerin Sara Stalder befürchtet, dass dies die Verkaufsstellen auch umsetzen werden: «Digitale Preisschilder animieren dazu, dass man nicht nur regionale, sondern auch zeitliche Anpassungen macht. Denn Veränderungen sind fast nicht beobachtbar.»
Mit elektronischen Schildern wird es einfacher, die Preise anzupassen. Stalder warnt die Detailhändler aber vor diesem Schritt. «Für deren Ansehen ist es nicht gut», sagt sie. Michael Grund, Leiter Center für Marketing & Sales der HWZ, kennt den Grund: «Konsumenten empfinden es als ungerecht, wenn sie höhere Preise bezahlen als andere.»
Potenzial für Gewinnsteigerung
Neben Migros setzt auch Coop bei allen neuen Filialen auf digitale Preisschilder. Sie betonen jedoch, dass sie keine dynamischen Preise einführen. So auch die Migros. Sie passen Preise nur über Nacht an, wenn es Aktionen gibt oder sich Preise dauerhaft ändern. Trotzdem dürften beide vom neuen System profitieren: Sie sparen Personal und geniessen mehr Sicherheit, dass die Preise am Regal und in der Kasse übereinstimmen.
Michael Grund ist jedoch überzeugt, dass sich dynamische Preisanpassungen verbreiten werden. Sie liefern ein enormes Potenzial für Gewinnsteigerungen, sagt er. Im Ausland zumindest macht man sich dies bereits heute zu Nutzen. So flackert es etwa in Frankreich an den Regalen, vor allem an der Grenze zur Schweiz. «Dort, wo die Zahlungsbereitschaft höher ist, sind auch die Preise höher», weiss Stalder. Technisch sei laut Grund sogar noch viel mehr möglich. So könne er sich vorstellen, dass Mobiltelefone eines Tages mit den Schildern kommunizieren werden und sich die Preise je nach Kunden anpassen. Digitale Preisschilder – Fluch und Segen zugleich.