Wenn Apple Neuigkeiten in Sachen Künstlicher Intelligenz verkündet, ist das ein weltweites Thema. Dass der Tech-Riese auch Arbeitsplätze in Zürich aufbaut, ist wenig bekannt. Zu verdanken ist das dem KI-Knowhow der Eidgenössischen Technischen Hochschule ETH.
Apple übernahm vor ein paar Jahren zwei Start-ups, die ihren Ursprung an der ETH hatten, genauer am Computer Vision Lab von Luc van Gool. Im Gespräch mit SRF äussert sich der Leiter des Computer Vision Lab über Vor- und Nachteile der US-Dominanz im Tech-Bereich.
SRF News: Alle reden über Künstliche Intelligenz. Welche Rolle spielt der Standort Zürich bei deren Entwicklung?
Luc van Gool: Die ETH ist beim Thema KI weltweit führend. Viele Leute arbeiten bei uns daran. KI hatte einen Rieseneinfluss auf die Signalverarbeitung, also auch die Computer Vision, womit wir uns beschäftigen. Bei uns dreht es sich, vereinfacht gesagt, darum, wie der Computer sieht. Zürich ist auch zu einem Zentrum geworden, das erfolgreich Industrien und Unternehmen anzog. Auch einige der «Big Seven» (Alphabet, Amazon, Apple, Meta, Microsoft, Nvidia und Tesla) forschen hier seit Jahren. Das ist auch eine Folge von Start-ups, die an der ETH entstanden, dank Zusammenarbeit von Professoren und den Unternehmen.
Fakt ist, der Apple-Standort in Zürich gründet auf ETH-Know-How. Der Konzern übernahm zwei Start-ups, die bei Ihnen aufgebaut wurden.
Ja, das stimmt. Zu Apple konkret darf ich mich nicht äussern. Aber ja: Ein Teil der Forschung auf dem Gebiet von Computervision und Signalverarbeitung kommt aus der ETH heraus und wurde von Industrien aufgekauft. Wichtig ist auch die Zusammenarbeit zwischen ETH-Professoren und den Unternehmen. Wir forschen zum Beispiel auch mit Google.
Ihre besten Forscherinnen und Forscher wandern also an US-Konzerne ab? Ist das gut oder schlecht?
Es ist ein gemischtes Bild. Das Gute daran ist, dass unsere Leute dank der Zusammenarbeit mit Tech-Firmen spannende Projekte verfolgen können. Und danach haben sie die Möglichkeit, in den Unternehmen zu forschen. Ziemlich viele unserer Leute haben hier am Standort Zürich einen Job gefunden.
Es fehlen europäische Googles und Microsofts.
Und was ist schlecht daran?
Die Schattenseite ist, dass Europa in diesem Bereich keine grossen Firmen hervorbringt. Die «Big Seven» stammen ausschliesslich aus den USA. Europäische Googles und Microsofts fehlen. Europa wurde im Bereich der KI ein bisschen abgehängt. Das passierte schon beim Internet und nun bei der Entwicklung von KI. Da muss man genau aufpassen.
Inwiefern?
Die Künstliche Intelligenz hängt vom Gebrauch von Daten ab. Man lernt mithilfe von Daten. Dabei ist es wichtig, den Zugriff auf die Daten zu erschweren, wie das die EU mit ihrer Datenschutzverordnung tut. Es braucht also Regulierung. Wir müssen aber auch vorsichtig sein, dass Regulierung die Forschung nicht verunmöglicht.
Reguliert Europa die KI zu stark?
Man sollte jedenfalls nicht übertreiben und stolz darauf sein, bei der Regulierung ganz vorne mit dabei zu sein, wie Europa dies macht. Sonst passiert die Innovation anderenorts und wir müssen sie dann einkaufen.
Das Gespräch führte Harry Stitzel.