Sie rollen immer zahlreicher auf Schweizer Strassen. Der Marktanteil der Elektro-Autos hat sich bei Neuwagen binnen Jahresfrist mehr als verdoppelt. Allerdings auf tiefem Niveau. Stand August belief sich der Anteil auf 3.4 Prozent. Doch über die nächsten Monate – so viel ist klar – wird sich das Tempo weiter beschleunigen.
Das zeigt auch ein Blick nach Frankfurt: Am Donnerstag startet dort die Automesse IAA, wo die Fahrzeughersteller ihre Elektro-Boliden ins beste Licht rücken. Die Messe selbst will sich nicht mehr als Autoshow verstanden wissen, sondern als «internationale Plattform für die Mobilitätswende».
Die Autoindustrie entdeckt die Elektro-Mobilität also doch noch. Während Jahren ging die Branche stiefmütterlich mit dieser Antriebstechnologie um. Die Modelle waren entweder hässlich oder von ihren Leistungsmerkmalen her – etwa der Reichweite oder dem Komfort – ein grosser Kompromiss gegenüber den Autos mit Verbrennungsmotoren. Wie es anders gehen kann, zeigte Tesla mit Fahrzeugen, die genau dieses Manko wettmachten.
Tesla-Boom und Klimadiskussion schieben an
Der Tesla-Boom, aber auch der zunehmende politische Druck vor dem Hintergrund der Debatten über den Klimawandel und der Diesel-Skandal treiben nun die Branche aus der Lethargie. Sie stimmt nun ebenfalls wahrnehmbar das Hohelied der Elektromobilität an. Und trägt dazu bei, dass einmal mehr die Öko-Bilanz der Elektro-Autos heiss diskutiert wird.
Die Produktion der E-Autos verschlingt Energie, insbesondere auch die Herstellung der Batterien. Entscheidend für die Ökobilanz ist zudem, mit welchem Strommix die E-Autos herumkurven. Ideal wäre hier natürlich Strom zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen. Doch selbst dann, muss ein Elektro-Auto rund 40'000 Kilometer zurückgelegt haben, bevor die Ökobilanz besser ausfällt als bei einem Benziner oder Diesel. Beim Antrieb mit Wasserstoff liegt die Marke gar bei 115'000 gefahrenen Kilometern, gemäss einer Studie des ADAC.
Für und wider bei Elektro-Autos
Beim Verband Swiss eMobility stellt man nicht Abrede, dass die Elektro-Autos derzeit einen «ökologischen Rucksack» haben, wie Geschäftsführer Jörg Beckmann ausführt. Diese Belastung durch graue Energie während der Produktion und Strom aus fossilen Quellen, im Betrieb sei aber bereits heute kleiner als bei anderen Antriebsarten. «Und die Situation wird über die nächsten Jahre noch besser, auch weil der Strom immer sauberer wird», so Beckmann. Elektro-Autos seien heute universell einsetzbar. Im Nahverkehr und über weite Distanzen.
Aber es gibt auch Stimmen, die davor warnen alles auf die Karte Elektro-Auto zu setzen. Zum Beispiel Christian Bach, Leiter Fahrzeugantriebssysteme bei der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt EMPA in Dübendorf bei Zürich. «Wir sehen das Potenzial der Elektromobilität vor allem auf kurzen Strecken, innerorts oder im Pendlerverkehr. Auf der Autobahn oder im internationalen Verkehr gibt es sauberere und kostengünstigere Lösungen wie Wasserstoff oder synthetische Treibstoffe», so der Empa-Experte.