Das Wichtigste in Kürze:
- Heutzutage entstehen die Preise im Online-Handel anhand von Softwareprogrammen und Algorithmen.
- Mit dem «Dynamic Pricing» erhoffen sich die Händler bis zu 15 Prozent mehr Umsatz.
- Die Preise können auch individuell jedem Käufer zugeteilt werden. Allerdings nützen die hiesigen Händler diese Möglichkeit vorerst nicht aus.
7,2 Milliarden Franken haben Schweizer Konsumenten gemäss dem Marktforschungsunternehmen GFK 2015 im Online- und Versandhandel ausgegeben. Und jedes Jahr steigen die Umsätze. Viele Online-Shopper stellen dabei fest, dass die Preise sehr variabel sind. Beim grossen Online-Händler Digitec-Galaxus beispielsweise wechseln die Preise je nach Sortiment täglich.
Marketing-Leiter Martin Walthert, erklärt «10vor10», dass sein Unternehmen eine spezielle Software verwende, um die Preise der Konkurrenz zu beobachten. «Wir haben fast 500‘000 Produkte im Sortiment. Diese können wir nicht von Hand anpassen. Für einen grossen Teil der Produkte brauchen wir Regeln und Algorithmen, die uns bei der Preissetzung unterstützen.»
Mehr Umsatz dank dynamischen Preisen
Permanente Preisänderungen mit Software sind ein Aspekt des so genannten Dynamic Pricing. Mit dynamischen Preiseanpassungen wollen Online-Shops ihren Gewinn erhöhen. Anbieter von Preisoptimierungs-Software versprechen 15 Prozent mehr Umsatz.
Die Software schlägt eine Preisänderung vor und führt diese teilweise auch vollautomatisch durch.
Thomas Lang ist Dozent für E-Commerce und Geschäftsführer der Carpathia AG. Er erklärt, dass Online-Händler heute so genannte Crawler im Einsatz haben, welche die Websites der Konkurrenz auswerten. «Die Software schlägt eine Preisänderung vor und führt diese teilweise auch vollautomatisch durch.»
Je nach Zugriff kostet die Kamera 20 Franken mehr
Ständig ändernde Preise sind das eine. Doch immer wieder werden Unternehmen bekannt, die je nach Kunde unterschiedlich hohe Preise verlangen. Internet-Riese Amazon wollte einst mehr Geld von Kunden, die mit einem Mac auf die Seite zugriffen, als von PC-Nutzern. Delta Airlines verkaufte gemäss Medienberichten Stammkunden, so genannten Frequent-Flyern, teurere Tickets als den übrigen Kunden.
Ein aktuelles Beispiel betrifft den Schweizer Online-Händler techmania.ch. Dieser verlangt je nachdem höhere Preise, wenn Kunden direkt auf seinen Shop zugreifen, als wenn sie vom Preisvergleichsportal toppreise.ch kommen. Dort war beispielsweise der Preis einer Canon-Kamera mit 555 Franken angegeben, anstatt 577 Franken direkt auf der Website.
Techmania.ch räumt auf Anfrage ein, Produkte auf Preisvergleichsportalen gelegentlich günstiger anzubieten. «Die Gründe hierzu sind extrem variabel: Aktionssteuerungen, Abverkaufsförderung etc.» Techmania.ch weist aber ausdrücklich darauf hin, dass die Preisunterschiede sehr minim sind.
Nutzerverhalten lässt Personalisierung zu
Klar ist, dass Online-Händler heute die nötigen Daten ihrer Kunden haben, um personalisierte Preise zu setzen. Experte Thoma Lang sagt, dass Online-Shops das Verhalten ihrer Kunden registrieren können, beispielsweise wie lange oder wie oft ein Kunde einen Artikel anschaut. «Das ganze Nutzerverhalten lässt eine sehr grosse Personalisierung zu. Daraus lassen sich auch die Kaufkraft – und in der Theorie auch individuelle Preise ableiten.»
Allerdings: Grosse Online-Händler wie Digitec-Galaxus, Brack.ch oder Microspot.ch verzichten auf personalisierte Preise – sie wollen ihre Kunden nicht verärgern. Auch Media-Markt, der als erster stationärer Händler in der Schweiz konsequent auf digitale Preisschilder umgestellt hat, setzt nicht auf individuelle Preise.