Arbeit
Viele Unternehmen kannten schon vor dem Coronavirus Home-Office und Videokonferenzen. Doch das Ausmass, in welchem diese Arbeitsformen nun in der Schweiz Einzug halten, ist neu. Werden sie auch nach der Corona-Krise Bestand haben?
Stefano Brusoni ist Professor für Technologie- und Innovationsmanagement an der ETH in Zürich. Er vergleicht die derzeitige Situation mit der Einführung des Computers Ende der 1970er-Jahre: Das neue Gerät wurde am Anfang noch wie eine elektronische Schreibmaschine genutzt. Erst später sah man sein wahres Potenzial.
Auch jetzt setzten viele Unternehmen zwar auf neue Mittel, doch wie gearbeitet werde, daran habe sich nicht viel geändert. Brusoni zweifelt deshalb an der Nachhaltigkeit der Veränderung. Ohne anhaltenden Aufwand und zusätzliche Investitionen sei es einfach, später wieder in gewohnte Routinen zurückzufallen.
Schule
«Ich kann mir gut vorstellen, dass die Coronavirus-Krise auch in der Schule einen Digitalschub ausgelöst hat», schreibt Dagmar Rösler auf Anfrage von SRF Digital. Die Präsidentin des Schweizer Lehrerverbandes glaubt, dass Methoden, die sich in der Krise bewähren, später auch im «Normalbetrieb» beibehalten werden können.
Vielleicht trage die gegenwärtige Situation sogar dazu bei, Politik und Behörden bewusst zu machen, wie wichtig es für die Schulen sei, technisch auf dem neusten Stand zu bleiben. Denn der Aufbau der nötigen Infrastruktur sei nicht eben billig.
Doch Rösler gibt zu bedenken: «Wir dürfen nicht vergessen, dass Lernen auch viel mit Ausprobieren, Gesprächen, Auseinandersetzungen und realen Erfahrungen zu tun hat.» So etwas lasse sich nie ganz durch Online-Unterricht ersetzen.
Shopping
Patrick Kessler, der Verbandspräsident der Schweizer Versandhändler, hat eine nicht repräsentative Umfrage unter verschiedenen Online-Händlern gemacht. Bei den meisten von ihnen sind die Umsätze in der letzten Woche gestiegen. Doch nur ein Drittel rechnet mit anhaltendem Umsatzplus, sollten die Corona-Massnahmen des Bundesrates über den 19. April hinaus Bestand haben.
Bei der Heimelektronik zum Beispiel sei mit einer kommenden Flaute zu rechnen. Wer zu Beginn seiner Zeit im Home-Office noch schnell die neusten Gadgets und Geräte kaufe, werde danach auf weitere Einkäufe verzichten. Ausserdem könnten die derzeit oft langen Lieferfristen im Online-Shopping manche Kunden längerfristig abschrecken.
Bei anderen Bereichen wie bei Sportartikeln, Inneneinrichtung oder Bau und Hobby kann der derzeitige Boom laut Kessler aber nachhaltig sein: Viele Kunden würden jetzt erst entdecken, dass sie Hanteln, Kissenbezüge oder Pinsel und Farbe genauso gut online wie im Laden kaufen können.
Kino
Der Animationsfilm «Trolls World Tour» wird am 10. April zeitgleich im Kino und als Online-Stream starten. Und andere Filme finden nach dem Kinostart zumindest schneller als gewohnt ihren Weg auf die Streaming-Portale. Macht die Corona-Krise das Kino überflüssig?
ProCinema-Generalsekretär René Gerber glaubt das nicht und weist darauf hin, dass «Trolls World Tour» eine Ausnahme sei. Statt auf Streaming zu setzen haben die Studios andere wichtige Filmstarts lieber auf später im Jahr verschoben.
Doch die Corona-Krise wird den Rückgang Kinoeintritte noch beschleunigen (in der Schweiz sanken sie seit dem Jahr 2000 um fast 20 Prozent) – und im Streaming-Zeitalter ist keine Trendwende in Sicht. Möglich also, dass bald nur noch Blockbuster im Kino starten. Der Kinobesuch würde dann zum Event – für alles andere gäbe es die Streaming-Plattformen.