SRF News: Fünf Millionen Franken einzahlen und kurz darauf 4,6 Millionen am Postschalter abheben: Wenn dieser Fall nicht nach Geldwäscherei riecht, was dann?
Daniel Thelesklaf: Wenn Sie ein Lehrbuch «Geldwäscherei für Anfänger» lesen, wird genau so ein Fall beschrieben. Das ist ein klassischer Fall der Geldwäsche. Damit ist es dem Täter auch gelungen, das Geld zu verstecken. Die Gelder aus dem Anlagebetrug wurden nie wieder gefunden – zum Schaden der Opfer.
Das Obergericht sagt, es seien in diesem Fall Fehler passiert, aber man könne den betroffenen Mitarbeitern keinen Fehler nachweisen. Die Hürden für eine Verurteilung in einem Geldwäschereifall sind also extrem hoch.
Das ist richtig. Man hat sich eigentlich erhofft, mit dem so genannten Unternehmensstrafrecht Unternehmen in die Pflicht zu nehmen. Wenn ein Unternehmen keine genügenden Abwehrmassnahmen ergriffen hat, sollte es verantwortlich gemacht werden können. Dies auch wenn man keine Person im Betrieb findet, der man etwas vorwerfen kann.
Ist das Unternehmensstrafrecht also zu wenig griffig?
Hier handelt es sich zwar nur um einen Entscheid des Obergerichts Solothurn. Aber wenn es dabei bleibt, wird das Gesetz ein toter Buchstabe bleiben.
Was strahlt dieses Urteil nun auf die Finanzbranche aus? Ist das nicht eine Einladung, weniger genau hinzuschauen?
In der Finanzbranche ist viel passiert, um Geldwäscherei zu verhindern. Das muss man respektieren. Im aktuellen Fall handelt es sich um einen Einzelfall. Es ist aber sicher eine negative Botschaft für all diejenigen, die in Unternehmen gegen Geldwäscherei kämpfen. Sie werden es in Zukunft schwerer haben, ihr Management davon zu überzeugen, in dieses Gebiet zu investieren.
Sie haben gesagt, es wird wohl zu einer Klärung dieses Urteils kommen müssen. Gehen Sie also davon aus, dass sich das Bundesgericht noch einmal mit dem Fall beschäftigen wird?
Ich hoffe sehr, dass das Bundesgericht sich damit auseinandersetzt. Letztes Jahr hat das Bundesgericht entschieden, eine Frau wegen Geldwäscherei zu verurteilen: Sie liess einen kleinen Betrag von 15‘000 Franken über ihr Konto durch eine Drittperson abwickeln. Das Bundesgericht sagte damals, man hätte wissen müssen, dass das Geld kriminellen Ursprungs ist. Wenn man hier die Post mit einem viel grösseren Betrag einfach freispricht, wäre dies eine inkonsequente Anwendung des Gesetzes.
Das Gespräch führte Simon Leu.