Angefangen hat alles mit einem Online-Shop für Snowboards. Snowdevil hiess die kleine Firma, die der deutsche Auswanderer Tobias Lütke 2004 in Kanada auf die Beine stellte. Das Geschäft lief nicht schlecht, doch Lütke war unzufrieden mit der Software zum Betreiben des Online-Shops. Kurzerhand programmierte er ein eigenes Programm – und stellte bald fest, dass sich damit mehr Geld verdienen liess als mit Snowboards.
Heute kommt Lütkes Software bei über einer Million Kunden auf der ganzen Welt zum Einsatz: Dank Shopify kann jedes Unternehmen mit wenig Aufwand einen eigenen Online-Shop aufziehen. Shopify hilft nicht nur beim Verkauf, sondern auch bei der Zahlungsabwicklung, der Buchführung und der Logistik.
Die Nummer zwei hinter Amazon
Die Covid-19-Pandemie hat dem Online-Handel zusätzlichen Schub gegeben. Mehr noch als andere Anbieter konnte Shopify davon profitieren. Denn in der Krise sind vor allem kleine und mittlere Unternehmen darauf angewiesen, ihre Kundinnen und Kunden nun online zu erreichen. Statt aufwendig an eigenen Lösungen zu arbeiten, setzen viele von ihnen lieber auf das Komplettpaket von Shopify.
Das kanadische Unternehmen gehört deshalb zu den «Gewinnern» der Pandemie: Seit April hat sich sein Aktienkurs fast verdreifacht, an der Börse ist es heute gut 140 Milliarden Dollar wert – mehr als Technologie-Grössen wie Sony oder IBM. Hinter Amazon ist Shopify in den USA heute die Nummer zwei im Online-Shopping und für gut 6 Prozent aller Verkäufe verantwortlich – Amazon hat einen Anteil von 37 Prozent.
Für Kleinunternehmer und Anfänger eine gute Idee
Allerdings: In der Schweiz ist Shopify erst wenig verbreitet. Von 5170 Händlern mit Onlineshops setzen nur 148 auf Shopify – nicht ganz drei Prozent. «Shopify hat seinen Siegeszug in Amerika gestartet. Es braucht immer ein paar Jahre, bis sich eine Software auch bei uns durchsetzen kann», sagt dazu Patrick Kessler, der Geschäftsführer des Schweizer Handelsverbandes.
Kessler hält den Einsatz von Shopify gerade bei Kleinunternehmern und Anfängern für eine gute Idee: «So lässt sich schnell und relativ günstig ein Online-Shop auf die Beine stellen und man profitiert vom bestehenden Know-how und den Weiterentwicklungen der Plattform.» Das könne aber auch Nachteile haben, gibt Kessler zu bedenken: «Komplexitätsreduktion heisst im Normalfall: Irgendjemand macht den Job für mich im Hintergrund, ich begebe mich in eine gewisse Abhängigkeit.»
Der Händler steht im Vordergrund
Im Vergleich zu einer Zusammenarbeit mit Amazon stehen die Händler bei Shopify aber besser da. Amazon ist in daran interessiert, seine Preise so tief wie möglich zu halten. Dazu werden Händler gegeneinander ausgespielt und Amazon konkurrenziert besonders beliebte Produkte sogar mit billigeren eigenen Kopien.
Nimmt ein Händler ausserdem Amazons ganzes Logistikangebot in Anspruch, zahlt er dafür mit Abgaben von fast 40 Prozent des Verkaufspreises – und läuft Gefahr, dass er bei den Kunden in Vergessenheit gerät, weil seine Pakete nun mit einem Amazon-Logo verschickt werden.
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Shopify dagegen gibt sich grosse Mühe, nach aussen unsichtbar zu bleiben. Deshalb ist der Name Shopify den meisten Endkunden auch kaum bekannt – selbst wenn sie beim Online-Shopping schon dutzende vom Male mit der Plattform zu tun hatten.