Teigwaren, Mehl, Süssigkeiten oder Kosmetik – nicht wie üblich in Plastik verpackt und portioniert, sondern in grossen Gefässen zum selber Abfüllen. Dieses Konzept kam in den letzten Jahren vor allem in Städten auf. «Ohni», «Unverpackt», «Tante Emma» oder «Füllbar» nennen sich die Läden, rund 60 gibt es davon in der Schweiz. Noch.
In Aarau (AG) oder Kerzers (FR) sind die Unverpackt-Läden bereits geschlossen, in Biberist (SO) schliesst der Laden im Februar. Andere Läden kämpfen ums Überleben. Der Laden in Baden (AG) hat zum Beispiel rund 30 Prozent Umsatz verloren. Dafür werden mehrere mögliche Ursachen erwähnt.
Ursache 1: Der Preis
«Die Menschen in der Schweiz sparen schnell bei den Lebensmitteln», sagt Michele Pizzera vom Pfünderli in Widen (AG). Seine Umsätze seien in diesem Jahr spürbar gesunken. Dazu beigetragen habe wohl auch die Angst vor Energieknappheit und steigenden Strom- und Ölpreisen.
Leben von den Umsätzen kann praktisch niemand im Unverpackt-Business. «Ich komme nie auf den normalen Lohn einer Verkäuferin», erzählt zum Beispiel Franziska Rohner von Puro Unverpackt im solothurnischen Biberist. Sie will ihren Laden deshalb schon nach drei Jahren wieder schliessen.
Ursache 2: Die Bequemlichkeit
«In der Corona-Zeit hatte Essen und Einkaufen noch einen anderen Stellenwert», sagt Rohner. «In der Anfangszeit lief es viel besser als erwartet. Nun aber haben die Menschen wieder weniger Zeit. Nach jeder Lockerung der Corona-Regeln haben wir an Umsatz verloren.»
Nach jeder Corona-Lockerung haben wir Umsatz eingebüsst.
«Ich glaube, die Menschen spüren nach Corona etwas Müdigkeit», sagt auch Janine Bachmann von der Auffüllbar in Lenzburg (AG). «Unsere Art des Einkaufens wird irgendwie mit Umständlichkeit verbunden». Michele Pizzera bestätigt: «Der Gedanke, lokal einzukaufen, ist wieder etwas in Vergessenheit geraten.»
Es sei wohl einfach bequemer, alle Einkäufe beim gleichen Grossverteiler zu erledigen. Dazu kommt: Die Grossverteiler haben den Trend inzwischen auch für sich entdeckt.
Ursache 3: Die Konkurrenz
Während kleine Läden schliessen, baut zum Beispiel die Migros ihr Angebot an unverpackten Lebensmitteln aus. Nach einem Pilotversuch in Baden will die Migros bis Ende Jahr 52 Filialen haben, in denen Kundinnen und Kunden zum Beispiel Haferflocken in eigene Gefässe abfüllen können.
Das Angebot passe zu den Bemühungen der Migros um mehr Nachhaltigkeit, erklärt Andrea Bauer, Mediensprecherin der Migros Aare. Vor allem aber sei es ein Bedürfnis. Am meisten nachgefragt würden Haferflocken und Nüsse in Bio-Qualität. «Das zeigt, dass Bio und Unverpackt gut zusammenpassen», meint Bauer. Das Sortiment werde wohl weiter ausgebaut. «Aktuell prüfen wir zum Beispiel, ob wir auch Kaffee offen anbieten können.»
Franziska Rohner vom Unverpackt-Laden in Biberist hat gegenüber dem Engagement der Grossverteiler gemischte Gefühle. Natürlich sei es gut, wenn nachhaltiger produziert werde. Sie betont aber auch die ungleich langen Spiesse: «Es wird eine sehr gute Werbekampagne gefahren, wie grün die Grossverteiler seien. Diese Möglichkeiten haben wir Kleinen nicht.»
Unverpackte Lebensmittel haben wohl also durchaus eine Zukunft. Ob auch die kleinen Unverpackt-Läden alle überleben, das ist eine andere Frage.