Das «Manifest» des Google-Entwicklers hat es in sich: Der Mann behauptet in dem zehnseitigen internen Papier, Frauen seien biologisch weniger für Erfolg in der Tech-Industrie geeignet. Sie seien weniger widerstandsfähig gegenüber Stress als Männer und würden es auch deshalb so selten in Führungspositionen schaffen. Auch seien Frauen von ihrer Veranlagung her offener gegenüber Gefühlen und Emotionen als gegenüber Ideen.
Versuche, mehr Mitarbeiterinnen in Führungspositionen in der Branche zu bringen, seien daher ein Fehler. Das dürfe man bei Google aber nicht laut sagen. Denn in einer ideologisierten Unternehmenskultur sei es nicht möglich, eine abweichende Meinung offen zu vertreten. Das Papier wurde am Wochenende veröffentlicht.
Die Quittung des Arbeitgebers kam prompt: Der Mann wurde entlassen – und wehrte sich: Gegenüber der «New York Times» und dem «Wall Street Journal» sagte der Entwickler, er habe bei einer Arbeitsbehörde Beschwerde gegen die Behandlung seiner Ansichten durch Google eingelegt und prüfe ein rechtliches Vorgehen gegen seine Kündigung.
Applaus von rechter Seite und von Google-Kollegen
Rückendeckung erhält er von einigen ultrakonservativen US-Medien, die Technologie-Firmen oft eine zu linke ideologische Ausrichtung vorhalten. So schrieb die Website «Breitbart», die Reaktion sei typisch für die liberale «Hexenjagd» in der Branche, vereinzelt wurde in den Kreisen zu einem Google-Boykott aufgerufen. Wikileaks-Gründer Julian Assange bot dem gefeuerten Entwickler einen Job bei der Enthüllungsplattform an.
Googles linke Vorurteile haben eine politisch korrekte Monokultur geschaffen. (...) Andersdenkende werden durch Schämen zum Schweigen gebracht.
Auch Google-intern erhielt der Autor Zuspruch, weil er mit seinem Vorstoss Mut bewiesen habe. Viele Mitarbeiter äusserten sich in internen Foren allerdings empört bis fassungslos und kritisierten den Text als Ansammlung sexistischer Stereotypen.
Google Chef unterbricht Ferien
Die heftigen Debatten, die das «Manifest» ausgelöst hat, brachte die Google-Führung in eine schwierige Situation. Google-Chef Sundar Pichai musste seine Ferien unterbrechen. Am späten Montag schickte er eine E-Mail an die Mitarbeiter, die von Google später auch veröffentlicht wurde. Darin schreibt er, dass Teile des Textes gegen interne Verhaltensregeln verstossen hätten. Mit der Verbreitung schädlicher Stereotypen über Geschlechter sei eine Linie überschritten worden. Zu behaupten, ein Teil der Belegschaft habe Merkmale, die sie biologisch weniger fähig für die Arbeit bei Google machten, sei «beleidigend und nicht okay».
Zugleich schränkte Pichai ein, dass es ebenfalls «nicht okay» sei, wenn Mitarbeiter zweifelten, ob sie ihre Ansichten am Arbeitsplatz frei äussern könnten – insbesondere wenn sie von der Meinung der Mehrheit abweichen. Über die Entlassung des Mitarbeiters äusserte er sich nicht.