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Ende eines Warenhauses Jelmoli ist Geschichte: traurige Kunden und ein empörter Ex-Chef

Ein früherer Chef wirft der heutigen Besitzerin, dem Immobilienkonzern SPS, Profitgier vor. Was ist da dran?

Es ist 19 Uhr an diesem Freitag, dem 28. Februar 2025. Der Jelmoli an der Zürcher Bahnhofstrasse schliesst seine Türen. Ein letztes Mal. Das Traditionswarenhaus ist Geschichte.

Das Jelmoli-Ende in Bildern

Bis zuletzt tragen Kundinnen und Kunden eifrig alles Mögliche aus dem Warenhaus: Möbel, Kleiderbügel, Plakate und Hemden mit 70 Prozent Rabatt – und sogar Schaufensterpuppen: Alles muss raus. Seit Anfang Jahr lief die Liquidation, nur noch das Erdgeschoss und die Lebensmittelabteilung im Untergeschoss waren geöffnet.

Traurig und erschüttert

Die Jelmoli-Kundschaft zeigt sich wehmütig, trauert vergangenen Zeiten nach und schiesst Erinnerungsfotos. «Jelmoli hat einfach zu Zürich und zur ganzen Schweiz gehört», sagt Maria Allera-Sutter, Rentnerin aus Chur.

Ältere Frau mit Mikrofon auf Stadtstrasse.
Legende: Sie sei schon mit ihren Eltern in den Jelmoli gekommen, sagt Maria Allera-Sutter. SRF

«Ich kaufte hier immer mein Make-up», sagt eine junge modebewusste Frau: «Es war eine schöne Experience, hier hereinzukommen – und die Verkäuferinnen kannten meinen Geschmack. Es war besser, als online einkaufen.» Roman Eggenberger, Unternehmer aus dem Liechtenstein sagt: «Das Gute war immer: Man hat nie die grossen Säcke gebraucht. Es kostete viel, man brauchte aber wenig zum Tragen.»

Jelmoli schliesst – 125 Jahre nach seiner Gründung. In dieser Zeit hat sich die Art und Weise, wie gekauft und konsumiert wird, massiv verändert.

Verändertes Konsumverhalten oder Managementfehler?

Die Verluste von Jelmoli der vergangenen Jahre bewogen die Besitzerin, den Immobilienkonzern Swiss Prime Site SPS, vor zwei Jahren dazu, das Warenhaus zu schliessen – weil man keinen Käufer fand. 2027 zieht unter anderem die Warenhauskette Manor als Mieterin in dasselbe Gebäude ein, belegt dort aber nur drei Etagen.

Als Grund für die Jelmoli-Schliessung nennt SPS das veränderte Konsumverhalten und den wachsenden Onlinehandel. Jelmoli als Warenhaus sei schlicht zu gross gewesen, um rentabel zu sein.

«Das Ende hätte nicht sein müssen»

Peter Leumann sieht das ganz anders. Er war von 1996 bis 2004 Geschäftsführer von Jelmoli. Das Ende des Warenhauses hätte nicht sein müssen, sagt er zu SRF. In seiner Zeit restrukturierte das Unternehmen und verkaufte oder schloss alle Standorte ausser jenen an der Zürcher Bahnhofstrasse. Auf seinem Zenit hatte Jelmoli 231 Standorte und 5'200 Angestellte gezählt.

Mann im Anzug spricht, Jelmoli-Logo im Hintergrund.
Legende: Peter Leumann bei der Vorstellung des Geschäftsberichts 2004 – zu besseren Zeiten für das Unternehmen. KEYSTONE Byline DOROTHEA MUELLER

Leumann kritisiert den Immobilienkonzern, der Jelmoli im Jahr 2009 übernommen hatte. «In der Folge reihte SPS einen gravierenden Managementfehler an den anderen und trieb Jelmoli-Zürich so in den Untergang.»

Als Beispiele nennt er die frühere Jelmoli-Kundenkarte «Bonuscard», die SPS im Jahr 2010 «für ein Butterbrot» an die Kreditkartenherausgeberin Valartis verkauft habe. Dies «im Zeitalter, in dem Kundendaten das neue Gold darstellten». Zudem sei die Filialeröffnung von Jelmoli im Circle am Flughafen Zürich im Jahr 2021 eine Fehlinvestition geworden, ein «grandioses Verlustloch».

Das sagt Swiss Prime Site

Box aufklappen Box zuklappen

Die SPS, Besitzerin des Jelmoli-Geschäfts und der Immobilie an der Zürcher Bahnhofstrasse, nimmt schriftlich zu den Vorwürfen Stellung:

SRF: Warum war die Schliessung von Jelmoli und die jetzt angekündigte Lösung für Sie notwendig?

SPS: Die temporäre Schliessung des Hauses ist eine Folge der Trends in der Retailbranche, vor allem der Zunahme des Onlinehandels und der abnehmenden Bedeutung des stationären Einkaufens als Freizeitbeschäftigung. Grosse Flächen in Stadtzentren sind nur noch schwierig zu betreiben: Im Jelmoli blieben die oberen Geschosse in den letzten Jahren oft leer, sie wurden nicht mehr wie früher frequentiert. Wir haben mit über 30 möglichen Kaufinteressenten gesprochen. Niemand war an Jelmoli als Warenhausstandort im Vollbetrieb auf allen Stockwerken interessiert.

Der ehemalige Jelmoli-Geschäftsführer Peter Leumann sagt, das greife zu kurz. Er wirft der SPS vor, man habe Jelmoli mit hohen Mietzinsforderungen «getötet»? Er spricht von Profitgier.

Seine Zeit als Geschäftsführer liegt mehr als 20 Jahre zurück. Es sei ihm unbenommen, sich zu Jelmoli zu äussern.

Warum war eine Mietzins-Senkung bei Jelmoli kein Thema?

Die Miete von Jelmoli ist und war marktüblich – und wir haben die Miete von Jelmoli in den vergangenen 10 Jahren nie erhöht. Wir haben mit dem neuen Konzept eine für den Standort und die Stadt gute Alternative gefunden: Manor wird das Warenhaus auf drei Etagen weiterhin betreiben und damit für Frequenzen in der Innenstadt sorgen. Das Jelmoli-Haus wird eine der grössten und attraktivsten Einkaufsdestinationen an der Zürcher Bahnhofstrasse bleiben.

Bezahlt Manor prozentual weniger Miete als zuvor Jelmoli?

Der Mietzinspreis pro Quadratmeter ist in etwa der gleiche wie beim bisherigen Mieter Jelmoli.

Warum setzen Sie mit Manor wieder auf ein Warenhaus?

Wir glauben an Warenhäuser an zentralen Lagen und auf konzentrierten Flächen. Manor ist mit einem sehr breiten Sortiment eine erfolgreiche und beliebte Warenhausgruppe, sowohl im stationären als auch im Onlinehandel. Mit ihren insgesamt über 50 Warenhäusern kann sie viel profitabler arbeiten als Jelmoli mit einem einzigen Haus. Zudem war es uns wichtig, in Zürich wieder ein Warenhaus im mittleren Preissegment zu platzieren, weil es bereits genügend Luxusboutiquen gibt. Diese «Demokratisierung» der Einkaufsmöglichkeiten war für uns zentral. Neben Manor wird es drei Stockwerke mit Büros geben und zudem grosse Flächen für Gastronomie und Fitnessangebote. Neu gibt es eine öffentliche Dachterrasse. Das neue Jelmoli-Haus wird Zürich beleben.

Wie kommentieren Sie Berechnungen von Peter Leumann, die Neuaufstellung des Jelmoli-Gebäudes koste so viel, dass die Immobilie wieder etwa gleich viel wert sei wie vor einer früheren Mietzinsverdoppelung?

Wir können seine Berechnungen nicht nachvollziehen. Die Investition in Jelmoli rechnet sich auf jeden Fall. Die Immobilie ist nach dem Umbau rund eine Milliarde Franken wert.

Die Bauarbeiten zur Neunutzung des Jelmoli-Gebäudes beginnen laut SPS schon im März. Die Wiedereröffnung ist auf 2027 geplant. Das Einzige, was von Jelmoli bleibt, ist der grosse Schriftzug auf dem denkmalgeschützten Turm des Gebäudes.

Regionaljournal Zürich Schaffhauen, 28.2.2025, 17:30 Uhr

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