Der Klimawandel sei die grösste Bedrohung für den Planeten, schreibt Amazon-Chef Jeff Bezos in der Ankündigung seiner Spende auf Instagram. Mit zehn Milliarden Dollar – das sind rund acht Prozent seines Vermögens – sollen Wissenschaftler oder Aktivisten unterstützt werden. Dafür gründet Bezos eine neue Stiftung. Uneigennützige Wohltätigkeit – oder moderner Ablasshandel zur Imagepflege?
Die Philanthropie ist ein bisschen auch ein Statussymbol.
Georg von Schnurbein, Professor für Philanthropie an der Universität Basel, befasst sich mit freiwilligen Taten und Gaben für gemeinnützige Zwecke. Er sagt gegenüber «10vor10»: Ganz uneigennützig handle kaum jemand. «Da geht es natürlich auch um das Ansehen untereinander. Die Philanthropie ist ein bisschen auch ein Statussymbol. Da will man auch entsprechend anerkannt werden.»
Eine Stiftung habe etwas Langfristiges und sei sehr viel werthaltiger, als wenn man sich eine weitere Yacht oder Privatinsel kaufe, so von Schnurbein weiter.
Wann wird Amazon aufhören, Öl- und Gasunternehmen bei der Zerstörung der Erde mit noch mehr Öl- und Gasbohrlöchern zu helfen?
Kritik aus eigenem Unternehmen
Doch nicht alle sind von Bezos' Grosszügigkeit begeistert. Auch Amazon-Mitarbeiter kritisieren ihren Chef. Auf Twitter äusserten sich Angestellte: «Wann wird Amazon aufhören, Öl- und Gasunternehmen bei der Zerstörung der Erde mit noch mehr Öl- und Gasbohrlöchern zu helfen?»
Amazon müsse aufhören, den Klimawandel leugnende Thinktanks zu finanzieren, und es müsse seine LKW von Diesel auf Elektromotoren umstellen. Zudem fordern sie von Bezos eine Vorreiterrolle beim Klimaschutz. «Wie die Geschichte uns lehrt, erheben sich wahre Visionäre gegen etablierte Systeme, auch wenn es sie selbst teuer zu stehen kommt», so die Mitarbeiter.
Einerseits ist Amazon in der Kritik, gerade auch wegen dem hohen Verbrauch an Ressourcen für den Versand (...). Andererseits setzt sich der Chef für Umweltthemen ein – das geht nicht gleichzeitig.
Amazon selbst zeigt sich begeistert über Bezos' Pläne. Letztes Jahr hatte der Konzern in Aussicht gestellt, im Amazon-Geschäft bis 2040 CO2-Neutralität zu erzielen. Allerdings dürfte die Begrenzung klimaschädlicher Gase für den Konzern eine Herausforderung darstellen. Schliesslich stellt Amazon seinen Kunden jährlich zehn Milliarden Artikel zu, unterhält dafür weitläufige Liefernetze und betreibt riesige Datenzentren.
Jeff Bezos als Konzernchef und gleichzeitig Philantrop, der sein privates Vermögen für die Umwelt spendet – diese Doppelrolle funktioniere auf die Dauer nicht, meint Professor von Schnurbein. «Einerseits ist Amazon in der Kritik, gerade auch wegen dem hohen Verbrauch an Ressourcen für den Versand und die weltweite Distribution. Andererseits setzt sich der Chef für Umweltthemen ein – das geht nicht gleichzeitig.»
Andere Milliardäre, andere Vorgehen
Vor dem Amazon-Chef hatten bereits andere US-Milliardäre wie Microsoft Gründer Bill Gates Umweltstiftungen gegründet. Das aber erst, als er die Microsoft-Führung abgab und so nicht mehr mit dem Unternehmen in Verbindung gebracht wurde. Ebenso der Schweizer Mäzen Hansjörg Wyss, der mit seiner Stiftung die Wissenschaft fördert – nachdem er mit Medizinaltechnik Milliardär wurde.
Der bei Jeff Bezos geweckte Wohltätigkeitssinn für die Umwelt sei einerseits zwar nur ein Tropfen auf den heissen Stein. Doch sein Engagement könne schon dazu führen, dass sich künftig noch mehr vermögende Personen dem Thema Klimaschutz widmen und das auch sagen, meint von Schnurbein.
Trotz seiner Milliardenspende muss der Amazon-Chef nicht sparen. Vor wenigen Tagen hat Bezos ein Luxusanwesen in Beverly Hills für 165 Millionen Dollar gekauft.