Die Europäische Zentralbank nimmt am Nachmittag Stellung zur Frage, wie es mit der Geldpolitik im Euro-Raum weitegeht. Seit zweieinhalb Jahren kauft die EZB in grossem Stil Staatsanleihen und andere Wertpapiere, aktuell für 60 Milliarden Euro pro Monat: Es ist sozusagen ein Impulsprogramm in Krisenzeiten, um die Zinsen zu drücken und so die Wirtschaft im Euro-Raum zu stützen. Doch diese milliardenschweren Geldspritzen dürften schon bald deutlich reduziert werden, sagen Ökonomen.
Wieso sollte die EZB gerade jetzt diese Geldspritzen drosseln? Der Hauptgrund ist, dass die EZB erst jetzt allmählich in der Lage ist, den Fuss vom Gaspedal zu nehmen. Die Konjunktur in der Euro-Zone wächst und dieses Wachstum ist breiter abgestützt als auch schon. Das gilt auch für Südeuropa, wo die Konjunktur wieder etwas besser unterwegs ist. Auch die Angst vor einer Deflation ist gebannt. Bei einer Deflation sinken die Preise auf breiter Front, was dazu führt, dass Unternehmen ihre Käufe aufschieben: Denn morgen geht es ja noch billiger. Das kann die ganze Wirtschaft lähmen. Zudem ist es schwierig für die Euro-Zone, in den verschiedenen Euro-Staaten genügend Anleihen zu finden. Schliesslich ist das Programm der EZB auch nicht unumstritten. Gerade Deutschland kritisiert es deutlich.
Gibt es Hinweise, wie viel die EZB künftig monatlich ausgeben will? Mario Draghi, der Präsident der Euro-Zone, gibt vorab keine Informationen. Die Bankökonomen und -analysten gehen davon aus, dass nicht mehr 60 Milliarden Euro pro Monat aufgekauft werden, sondern ab Januar «nur» noch 30 Milliarden. Dafür soll das Programm laut ihrer Prognose bis September verlängert werden. Gleichzeitig dürfte Draghi betonen, dass das Programm weiterläuft und seine Geldpolitik sehr expansiv und unterstützend bleibt. Auch wenn die Käufe zusammengestutzt werden: Draghi will auf keinen Fall Panik auslösen und betonen, dass die EZB der EU weiter helfen wird.
Hat das Aufkauf-Programm der EZB gewirkt, wie man sich das erhofft hat? Das ist schwer zu sagen: Es gibt ja keinen 1:1-Vergleich. Die EZB hat das Programm durchgezogen und wir stehen nun an dem Punkt, wo wir nun sind. Klar ist: Die Inflation ist nicht mehr ganz so gefährlich; die Angst vor einer Deflation ist gebannt und die Konjunktur läuft wieder. Die Frage ist aber: Wie gross ist der Verdienst, den die Geldpolitik an dieser Entwicklung hat? Das ist unter Ökonomen sehr umstritten.
Die EZB hat bisher Anleihen für über 2000 Milliarden Euro gekauft, wie schnell wird sie diese wieder los? Sie wird sich Zeit lassen. Denn die Frage ist: Wenn die EZB die Käufe nur schon etwas drosselt – geschweige denn Unsummen von Anleihen abstossen will – was passiert dann vor allem in Südeuropa? Steigen dann dort die Schuldzinsen und löst das Unsicherheiten aus? Lähmt das erneut die Konjunktur, die sich jetzt aufgerappelt hat? Deswegen werden Draghi und seine Kollegen vorsichtig agieren, es ist eine Gratwanderung. Das gilt übrigens nicht nur für den Anleihen-Berg bei der EZB, sondern auch für den Devisen-Berg der Schweizerischen Nationalbank.