Zack Kass kennt die Möglichkeiten von künstlicher Intelligenz wie nur wenige. Er beschäftigt sich seit 14 Jahren mit der Technologie und arbeitete für OpenAI. Das US-amerikanische Unternehmen steckt hinter dem Chatbot ChatGPT, der mit künstlicher Intelligenz funktioniert. Bei OpenAI war Zack Kass dafür verantwortlich, die Forschung in konkrete Geschäftslösungen umzusetzen. Am Swiss Economic Forum äussert sich Kass zum Tempo der Entwicklung und wie KI reguliert werden soll.
SRF News: In einem offenen Brief haben OpenAI-Mitarbeitende auf die rücksichtslose Kultur bei der Entwicklung von künstlicher Intelligenz hingewiesen. Verstehen Sie diese Bedenken?
Zack Kass: Ich unterstütze diese Ansicht nicht. Ich kann verstehen, warum jetzt jemand Angst hat. Wenn jemand sagt, dass wir zu schnell vorwärtsgehen. Für viele Menschen ist dieses Tempo belastend. Es gibt ein unglaubliches Unbehagen. Aber für mich gibt es bei OpenAI nichts, was ich als rücksichtslos bezeichnen würde.
Wenige sehr grosse und einflussreiche Unternehmen treiben die KI-Entwicklung voran. Wo sehen Sie da die Risiken?
Da gibt es etwas Wichtiges zu verstehen: Weil es eine Handvoll Unternehmen gibt, die künstliche Intelligenz entwickeln, passiert etwas Tiefgreifendes: Alle KI-Modelle sind kurz davor, Open-Source (Anm. d. Red. Quellcode der Programme wird frei verfügbar) zu werden. Dann werden die Kosten schnell sinken. Das Tempo der Entwicklung ist unglaublich. KI wird zu einem immer wichtigeren Hilfsmittel werden. Die Vorstellung, dass es eine technologische Vormachtstellung gibt, finde ich irreführend.
Heisst das, dass Sie auch gegen eine Regulierung bei der KI sind?
Nein, im Gegenteil. Wir müssen drei Dinge regulieren. Als erstes müssen sich alle Modelle an die gleichen Standards halten. Unternehmen, die sie nicht erfüllen, sollten entsprechend besteuert werden. Zweitens müssen alle Modelle erklärbar sein, vor allem, wenn sie für wirklich kritische Funktionen eingesetzt werden. Und drittens wir müssen schlechtes Verhalten aggressiv regulieren. Wir sollten es bösartigen Akteuren so schwer wie möglich machen, mit KI schlechte Dinge zu tun.
Was bremst derzeit die Geschwindigkeit bei der Entwicklung von KI aus?
Die begrenzenden Faktoren sind Daten, Datenverarbeitung und Energie. Für alle drei Faktoren gibt es Lösungen. Was den Einsatz von KI einschränken könnte, ist die Politik. Die Wahrscheinlichkeit, dass einzelne Weltregionen die Einführung von KI und den Fortschritt ausbremsen, ist nicht gleich Null.
Wo sehen Sie den nächsten grossen Durchbruch in der Branche?
Der nächste grosse Durchbruch sind autonome Agenten. Sie werden in unseren Webbrowsern, Desktop- und Mobilanwendungen eigenständig Aufgaben in unserem Namen ausführen, so dass man selbst keinen Auftrag mehr eingeben muss. Der KI wird eine Aufgabe erteilt, die sie dann in der jeweiligen Anwendung erledigt.
Ich glaube, KI wird uns an einen menschlicheren Ort bringen und zwar indem wir unsere Abhängigkeit vom Bildschirm aufheben und zu automatisieren beginnen.
Das Gespräch führte Matthias Pfander.