Die Schweizer Hotelbranche hat nichts zu feiern. Noch immer fehlen wegen Corona Gäste aus dem Ausland – und auch Geschäftsreisende sind weniger unterwegs als vor der Pandemie. Das merken vor allem die Hotels in den Städten und manche Geschäftshotels mussten bereits dichtmachen.
Umso erstaunlicher ist da die Ankündigung der französischen Accor Gruppe – sie will in den nächsten zwei Jahren massiv ausbauen – und bis zu 40 Hotels in der Schweiz eröffnen. Mutig sei das, sagt Andreas Züllig, der Präsident des Branchenverbands Hotellerie Suisse: «Man weiss ja nicht wie sich dieser Markt weiterentwickelt.»
10 bis 15 neuen Hotels
Accor ist die grösste Hotelkette Europas. Der Konzern beschäftigt weltweit über 200'000 Mitarbeitende und betreibt in der Schweiz bereits 76 Hotels, etwa unter den Marken Ibis, Mövenpick und Swissôtel.
Komplett neu eröffnen werde Accor hierzulande etwa 10 bis 15 Hotels. Das sagte der Nordeuropa-Chef der Gruppe in einem Interview der CH-Media-Zeitungen dieses Wochenende: Vor allem aber wolle Accor mindestens noch einmal so viele bestehende Häuser in die Kette integrieren. Das erlaube diesen Hotels, Kosten zu sparen und die Preise zu senken.
Durch ihr Volumen können diese Hotelgruppen mit Tiefpreisen einsteigen, und das erhöht den Druck natürlich massiv.
Der Preiskampf nehme sicher zu, meint dazu Hotellerie-Suisse-Präsident Andreas Züllig, wenn ein Hotel-Riese wie Accor in der Schweiz derart aggressiv vordringe. «Durch ihr Volumen können diese Hotelgruppen mit Tiefpreisen einsteigen, und das erhöht den Druck natürlich massiv.»
Zudem seien wohl etliche kleine Hotels froh, wenn sie vom konzernweiten Reservationssystemen einer solchen Kette profitieren könnten. Und noch etwas: Viele unabhängige Hotels hätten zu wenig Geld, um aus eigener Kraft in den Betrieb zu investieren. Da liege es nahe, sich einer kapitalkräftigen Gruppe wie Accor anzuschliessen.
Kettenhotels im Trend
Accor ist an der Börse kotiert und kommt so relativ leicht an zusätzliches Kapital, hat also finanziell einen langen Atem. Das hilft in schwierigen Zeiten wie diesen. Aber auch ohne die Umsatzeinbussen in der Pandemie geht der Trend seit Jahren in Richtung Hotelketten, zeigen Branchen-Studien.
Heute befindet sich schon fast ein Drittel des gesamten Zimmerangebots in einem Kettenhotel, Tendenz steigend. Die Corona-Krise beschleunigt die laufende Marktbereinigung. Und als grosser Player nimmt Accor aktiv daran teil.
Das zeigt aber auch, dass der Schweizer Markt attraktiv ist, sonst würde eine so grosse Hotelkette nicht hier investieren.
Andreas Züllig, selbst unabhängiger Hotelier in der bündnerischen Lenzerheide, nimmt es sportlich. Er kann der verstärkten Konkurrenz sogar etwas Gutes abgewinnen: «Accor nutzt nun die Chance der Stunde, um in der Schweiz zu expandieren. Das zeigt aber auch, dass der Schweizer Markt attraktiv ist, sonst würde eine so grosse Hotelkette nicht hier investieren.»
Es klingt ein bisschen nach Zweckoptimismus aus dem Mund des Branchenverbands-Präsidenten. Aber: Zuversicht zu verbreiten, gehört wohl auch zu dessen Aufgaben. Vor allem, wenn man bedenkt, wie hart die Hotellerie derzeit zu kämpfen hat wegen der Pandemie.