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Fahrdienst in der Krise «Die Verfehlungen einiger Uber-Mitarbeiter erschütterten mich»

Uber-Europachef Pierre-Dimitri Gore-Coty sagt, warum er Frauen unterstützt, Fälle von Sexismus öffentlich zu machen.

SRF News: Pierre-Dimitri Gore-Coty, wie sind Sie von London nach Davos gereist?

Pierre-Dimitri Gore-Coty: Nach der Landung in Zürich haben wir uns einen Wagen genommen und sind so nach Davos gereist. Wie Sie sicherlich bemerkt haben, sind einige Uber-Fahrzeuge während dem WEF in Davos unterwegs. Dabei geben wir uns grosse Mühe, mit dem schrecklichen Verkehrschaos zurechtzukommen.

Und wie gehen die Uber-Fahrer mit dem stockenden Verkehr im Ort um?

Sicherlich haben die Fahrer nicht damit gerechnet, aus beruflichen Gründen in einen Ort in den Schweizer Alpen zu reisen, nur um dort ein solch immenses Verkehrschaos anzutreffen. Allerdings kommen Jahr für Jahr viele Uber-Fahrer nach Davos, um ihrer Arbeit nachzugehen – ich denke also, dass sie an die Verkehrsbehinderungen gewohnt sind. Mit Sicherheit gestaltet sich die Fortbewegung mit dem Auto in dieser Woche alles andere als effizient. Deshalb spaziere ich in der Regel zu meinen Meetings – wie auch zu diesem Interview-Termin.

Wir stellen fest, dass Sie einen regen Austausch mit den Uber-Fahrern pflegen. Haben Sie mit ihnen auch darüber gesprochen, dass Uber in Zukunft für die Sozialversicherungsleistungen der Chauffeure aufkommen wird?

In der Tat mussten wir begreifen, unseren Fahrern besser zuzuhören – das haben wir in der Vergangenheit versäumt. Wir haben aber daraus unsere Lehren gezogen: So wurde der Austausch jetzt intensiviert und wir unternehmen mit diesem erhaltenen Feedback alles, um Uber-Fahrer mit der bestmöglichen Variante unserer Dienstleistung auszustatten. Nichtsdestotrotz schätzen es unsere Fahrer ausserordentlich, dass sie die App ein- und ausschalten können, wann sie es möchten. Auf diese Weise können sie den Job um ihr Privatleben herumbauen – und nicht umgekehrt.

Unser Unternehmen muss begreifen, dass Uber mit dieser Dienstleistung eine neue Form von Arbeit geschaffen haben - und diese Innovation geht nun einmal einher mit verstärkter sozialer Verantwortung.

Desweiteren muss unser Unternehmen begreifen, dass Uber mit dieser Dienstleistung eine neue Form von Arbeit geschaffen haben – und diese Innovation geht nun einmal einher mit verstärkter sozialer Verantwortung. Wir nehmen die soziale Sicherheit unserer Fahrer sehr ernst. Deshalb haben wir das Gespräch mit Versicherungsgesellschaften gesucht, um mit ihnen gemeinsam eine passende Lösung zu entwerfen, die in Europa nicht gegen geltende Sozialversicherungsgesetze verstösst.

Können Sie uns dazu ein Beispiel nennen?

In Frankreich schnüren wir gemeinsam mit dem Versicherer Axa ein Versicherungspaket, mit dem die Fahrer im Falle eines Unfalls oder bei Krankheit finanziell abgesichert sind.

Und wie kommen Sie Ihrer sozialen Verantwortung in der Schweiz nach?

Wir haben die Gespräche mit den Behörden intensiviert und leiten davon neue interne Richtlinien ab. Diese Vorgehensweise haben wir in der Vergangenheit versäumt.

Was beraten Sie mit den Behörden konkret?

Wir diskutieren, was für Sharing-Economy-Unternehmen wie Uber das Beste ist, um wirtschaftlich und finanziell zu reüssieren. Dabei dürfen wir aber die soziale Absicherung der Fahrer nicht vernachlässigen. Diese Strategie stellt sicher, dass die Fahrer bei ihrer täglichen Arbeit ein angemessenes Level an sozialer Sicherheit vorfinden. In diesem Bereich möchten wir Marktführer werden und motivieren unsere Partner, ebenfalls mit den Behörden zu kooperieren, um gemeinsam eine neue Art von sozialer Sicherheit zu designen.

Beinhaltet diese Strategie, dass Uber die Fahrer in juristischen und finanziellen Fragen unterstützt – zumal in den letzten Monaten gegen über 550 Fahrer eine Anzeige eingereicht wurde.

Ich bin mit der Schweizer Sachlage zwar nicht vollständig vertraut, allerdings kann ich Ihnen versichern: Wir haben unser Geschäftsmodell verändert.

Wir arbeiten nur noch mit Fahrern zusammen, die eine entsprechende Lizenz vorweisen können.

Uber-Pop wird nicht mehr weitergeführt. Wir arbeiten nur noch mit Fahrern zusammen, die eine entsprechende Lizenz vorweisen können.

Derweil steht nicht nur ihr Geschäftsmodell auf dem Prüfstand, sondern Sie sehen sich ebenfalls mit einem Reputationsproblem konfrontiert. Experten und Kritiker werfen Uber vor, ein rücksichtsloses und aggressives Unternehmen zu sein. Wie reagieren Sie auf diesen Vorwurf?

Ich nehme diese Kritik an. 2017 war ein schwieriges aber auch gleichzeitig ein wichtiges Jahr. Uns wurde bewusst, dass sich unser Unternehmen verändern muss – und wir haben tiefgreifende Veränderungen vorgenommen. Mit Dara Khosrowshahi wissen wir einen neuen Konzernchef in unseren Reihen. Er hat uns klargemacht, dass wir unser Geschäftsmodell, unsere Integrität und Grundwerte verändern müssen. Gleichzeitig bin ich aufgeregt, ob unseren Veränderungen, die unser Unternehmen neu prägen.

Welche Veränderungen haben denn stattgefunden?

Einerseits konnten wir eine Reihe von erfahrenen Führungskräften für uns gewinnen. Führungserfahrung hat uns in der Vergangenheit gefehlt. Zudem wurde eine neue Unternehmenskultur implementiert und der moralische Kompass neu ausgerichtet.

Dara Khosrowshani
Legende: Der neue Uber-Konzernchef Dara Khosrowshahi implementierte eine neue Unternehmenskultur. Reuters

Dazu gehört Nulltoleranz gegenüber Sexismus und sexueller Belästigung. In den vergangenen Monaten mussten Dutzende Mitarbeiter aufgrund ungebührlichen Verhaltens das Unternehmen verlassen. Die Untersuchung des ehemaligen US-Justizministers Eric Holder ist jedoch noch nicht abgeschlossen. Was können Sie uns zum Stand der Untersuchung sagen?

Ich bitte Sie um Verständnis, dass ich zu einer laufenden Untersuchung keine Stellung nehmen kann.

Die Berichte über Verfehlungen einiger Mitarbeiter in unserer Branche und insbesondere bei Uber haben mich zutiefst erschüttert.

Allerdings haben mich die Berichte über Verfehlungen einiger Mitarbeiter in unserer Branche und insbesondere bei Uber zutiefst erschüttert. Lassen Sie es mich in aller Deutlichkeit sagen: Ich unterstütze das Recht von Frauen, sich gegen Sexismus und sexuelle Belästigung zu verteidigen und diese Vorkommnisse auch öffentlich zu machen. Ich bin dankbar, dass diese Verfehlungen an die Öffentlichkeit gelangt sind – denn sie haben den notwendigen Wandel innerhalb unseres Unternehmens beschleunigt.

Waren Sie Zeuge von sexueller Belästigung oder Sexismus bei Uber?

Ich selbst habe nichts dergleichen gesehen. Das bedeutet aber nicht, dass es diese nicht gegeben hat.

Warum ist das Silicon Valley so anfällig für Sexismus und sexuelle Belästigung?

Es ist traurig, doch dieses Problem geht weit über das Silicon Valley hinaus. Gerade deshalb unterstütze ich Frauen so vehement dabei, Machtmissbrauch öffentlich zu machen. Ich denke, dass die Verfehlungen bei Uber aber schlimmer waren als in anderen Unternehmen, doch das hat die Dringlichkeit eines Wandels nur verstärkt. Wir nehmen das Problem sehr ernst und arbeiten daran, die Arbeitsplatzsicherheit bei Uber und im Silicon Valley zu verbessern.

Dennoch: Hat die Branche ein Sexismusproblem, weil sie von Männern dominiert wird?

Die Techindustrie muss jedenfalls einiges unternehmen, um die Geschlechterdiversität zu verbessern. Unser Unternehmen hat vergangenes Jahr deshalb erstmals einen Diversity-Report veröffentlicht.

Warum?

Um der Weltöffentlichkeit zu zeigen, wo wir in Sachen Diversität stehen – und wir haben bereits Massnahmen getroffen, um die vorhandenen Lücken zu schliessen. Wir möchten herausfinden, wie wir weibliche Fachkräfte für unser Unternehmen gewinnen können. Ausserdem stellen wir uns die Frage, wie wir Frauen bei Uber fördern und weiterentwickeln können.

Das Gespräch führte Vasilije Mustur.

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