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Nach Steuerbetrugsfall: Privatbank Mirabaud am Pranger
Aus 10 vor 10 vom 20.09.2024.
abspielen. Laufzeit 5 Minuten 8 Sekunden.

Fall Robert Brockman Wie die Bank Mirabaud einen Milliarden-Steuerskandal ermöglichte

Es ist der grösste private Steuerhinterziehungs-Skandal der USA. Mittendrin: die Genfer Privatbank Mirabaud.

Worum geht es? Robert Brockman aus Texas wurde reich mit IT-Unternehmen. Und er wurde noch reicher, indem er insgesamt zwei Milliarden US-Dollar vor dem amerikanischen Fiskus versteckte. Massgeblich geholfen hat ihm dabei die Schweizer Privatbank Mirabaud. Über 20 Jahre nahm sie sein Geld entgegen.

Wie lief die Hinterziehung ab? Der Finanzausschuss des US-Senats dokumentierte in einem Bericht zum Fall Brockman und Schweizer Banken ein Steuerschlupfloch, welches er bei Mirabaud angewendet haben könnte. Analog dazu gründete Brockman über einen Mittelsmann eine Briefkastenfirma in einem Offshore-Steuerparadies beispielsweise auf den Bermudas. Dann registrierte er diese Firma bei der US-Steuerbehörde IRS als ausländische Bank und erhielt dafür eine offizielle Identifikationsnummer. Schliesslich eröffnete er in der Schweiz ein Konto im Namen seiner Pseudo-Bank und gab einem Anwalt die Vollmacht über das Konto.

Der Effekt des Schlupflochs

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So verschwand der Name Robert Brockman. Die Schweizer Bank Mirabaud war theoretisch nicht mehr verpflichtet, den US-Steuerbehörden Daten zu melden. Das dachte auch Mirabaud, lag aber falsch.

Wie reagierten die USA? Robert Brockmans Konstrukt flog auf. Er wurde angeklagt wegen Steuerhinterziehung, Betruges, Geldwäsche und der Nichtoffenlegung von im Ausland gehaltenen Vermögenswerten. Der Druck stieg auch auf die Bank Mirabaud. Der Präsident des mächtigen Senatsausschusses für Finanzen, Ron Wyden, schrieb Mirabaud-Chef Yves Mirabaud persönlich einen Brief und forderte ihn auf, Informationen zu liefern.

Wie reagierte die Schweiz? Die USA stellte der Schweiz ein Amtshilfegesuch, welchem der Bund stattgab. In der Folge ermittelte die Schweizer Finanzmarktaufsicht Finma wegen Verletzung von finanzmarktrechtlichen Bestimmungen. Sie leitete im Juni 2021 ein Enforcement-Verfahren gegen Mirabaud ein, welches im Juni 2023 abgeschlossen wurde. Der Fall wurde aber erst am 17. September 2024 publik, weil sich die Bank bis vor Bundesgericht dagegen gewehrt hatte, dass ihr Name öffentlich wird. Das Bundesgericht hat die Beschwerde abgewiesen.

Fassade
Legende: Die Privatbank Mirabaud in Genf: Laut Finma machte das Geld von Robert Brockman 10 Prozent ihres gesamten verwalteten Vermögens aus. Keystone / Martial Trezzini

Welche Massnahmen verhängte die Finma? 1. Die Bank muss alle ihre Kundenbeziehungen aus einer Risikoperspektive überprüfen. 2. Sie muss ihre Geldwäschereibekämpfung verbessern und das interne Kontrollsystem ausbauen. 3. Sie muss die Corporate Governance organisatorisch und personell erneuern und stärken. Die meisten dieser Schritte seien bereits erfolgt. Zudem hat die Finma 12.7 Millionen Franken unrechtmässig erwirtschafteten Gewinn eingezogen. Der Fall ist noch nicht abgeschlossen.

Finma: «Sehr schwerer Fall»

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Legende: Finma-Geschäftsleitungsmitglied Patric Eymann. SRF

Patric Eymann leitet bei der Finma die Abteilung Enforcement. Zu den verhängten Massnahmen sagt er: «Das sind sehr viele Massnahmen gewesen, die wir hier verhängen mussten, um sicherzustellen, dass der ordnungsgemässe Zustand bei dieser Bank wiederhergestellt wird. Zudem haben wir im Moment einen Beobachter in der Bank, der prüft, wie die Massnahmen umgesetzt werden.»

Er bezeichnet den Fall Mirabaud «als sehr schweren Fall»: «Das sieht man nur schon an den Vermögenswerten bei der Kundenbeziehung von bis zu 1.7 Milliarden US-Dollar. Das ist sehr viel für diese Bank. Andererseits haben wir aber auch feststellen müssen, dass sie nicht nur bei dieser Kundenbeziehung Probleme hatte, sondern sehr generelle Mängel in ihrer Organisation, etwa im Umgang mit der Sorgfaltspflicht in der Geldwäschereiprävention.»

Was sagt die Bank Mirabaud? Die Bank will vor der Kamera keine Stellung beziehen. Sie antwortet schriftlich: «Mirabaud & Cie SA (‹die Bank›) erkennt den Abschluss des FINMA Verfahrens von Juni 2023 an, mit dem die Vergangenheit geregelt wird. Wie von der FINMA hervorgehoben, war die Bank vollständig kooperativ. In den letzten Jahren hat die Bank operative, organisatorische und personelle Massnahmen zur Verbesserung seiner Compliance- und Risikomanagementprozesse durchgeführt und ist engagiert, in dieser Hinsicht die höchsten Standards einzuhalten.»

Wie geht es für den Angeklagten und die Bank weiter? Robert Brockman ist 2022 gestorben. Das US-Verfahren gegen ihn ist deshalb eingestellt. In der Schweiz ist das Verfahren gegen die Bank abgeschlossen. Die Finma ermittelt jedoch weiterhin noch gegen Mitarbeiter der Bank, im schlimmsten Fall könnte ihnen ein Berufsverbot drohen.

Mark Pieth: «Wir kriegen das Problem nicht in den Griff.»

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Legende: SRF

Für den Strafrechtsexperten Mark Pieth ist klar, dass der Fall Mirabaud in einer Reihe mit weiteren Geldwäschereifällen der vergangenen Jahre in der Schweiz steht: «Die Schweiz hat den Eindruck erweckt, dass man – jedenfalls was die Banken anbelangt – das Geldwäschereiproblem langsam in den Griff kriegt. Falsch: Wir kriegen es nicht in den Griff. Die Banken haben nach wie vor ein Riesenproblem in Sachen Geldwäscherei.»

10vor10, 20.9.2024, 21.50 Uhr

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