Die Fussball-Weltmeisterschaft soll auch abseits der Stadien zum Geschäft werden. Zum Beispiel für Detailhändler: Fussbälle, Schaufensterpuppen im WM-Nati-Dress, Fussball-Trikots der teilnehmenden Nationalmannschaften – das sind Artikel, die so mancher Detailhändler prominent in der Auslage hat. So auch die Läden von Ochsner Sport, dem grössten Sportfachhändler der Schweiz.
Umsatztreiber Nati-Dress und Bälle
«Das Wichtigste ist das Schweizer Nationalmannschafts-Trikot. Es macht etwa ein Drittel des Gesamtumsatzes aus», sagte Steve Schennach, Mediensprecher von Ochsner Sport. Neben dem Nati-Dress bringe vor allem auch der offizielle Match-Fussball zusätzlichen Umsatz bei einem Verkaufspreis von stolzen 170 Franken.
Das sind klar die beiden Umsatztreiber im WM-Geschäft, darauf kann ein Detailhändler zählen. Damit hat's sich aber schon mit der Planbarkeit. Wie viele Trikots werden effektiv gebraucht? Welche Grössen und vor allem auch von welchen Ländern? Das ist bei jedem Turnier aufs Neue eine Überraschung.
Italiens Abwesenheit schmerzt
Als Faustregel gilt: Grosse Fussball-Nationen wie Brasilien, Argentinien, Portugal oder Italien sind immer beliebt. Allerdings ist Italien diesmal an der WM nicht dabei. Das schmerzt nicht nur die Anhänger der Azzurri: «Italien hat eine riesige Fan-Gemeinde in der Schweiz», bedauert dies auch Schennach aus Verkäufersicht.
Verkäufe schwanken mit Spielerfolgen
Ganze 140 Franken kostet ein Shirt. Wie gross die Marge des Sportartikelhändlers ist, lässt sich hier nur erahnen. Allerdings gibt Schennach zu bedenken, dass der Handel auf der Ware sitzen bleibt, sobald ein Team ausscheidet. Je nachdem wie sich das Turnier entwickelt, bleibt ein Grossteil der Shirts im Laden liegen.
Zwischen einem Drittel und der Hälfte dieses Sortiments werde nicht verkauft, sagt Schennach. Doch bis jetzt ist das Geschäft für Ochsner Sport gut angelaufen: Die Verkäufe seien besser als zur gleichen Zeit bei der letzten WM. Aber für den Verkaufserfolg werde letztendlich der Erfolg der Schweizer Nati entscheidend sein.
Mehr TV-Geräte und Zubehör verkauft
Anders als die Sportartikelgeschäfte, die noch mit den Fans zittern müssen, haben Verkäufer von Fernsehgeräten ihr Geschäft bereits gemacht. Die Verkaufszahlen steigen jeweils vor grossen Fussballturnieren.
Laut Luca Giuriato vom Marktforschungsinstitut GfK verzeichnen die Elektronikhändler in WM- oder EM-Jahren im April und Mai jeweils 20 bis 30 Prozent mehr Umsatz. Trotzdem ist der Elektronikmarkt in der Schweiz auf längere Sicht rückläufig. Die Mehrverkäufe für die WM könnten daran nichts ändern, so Giuriato.
Reisebüros sind zufrieden
Gut läuft das WM-Geschäft für viele Reisebüros: Die Schweizer Fussball-Fans zieht es nach Russland, sagt Victor Tinari, Geschäftsleiter vom Sportreise-Spezialisten Travelclub. Dies, obwohl Städte wie Rostow, Kaliningrad und Nizhny Novgorod keine Touristenmagneten sind – aber hier spielt die Schweizer Nationalmannschaft.
Vergleiche man die Nachfrage mit den letzten Weltmeisterschaften in Brasilien oder Südafrika, gebe es mehr Fan-Buchungen, sagt Tinari. Und Ciril Zimmermann, Geschäftsführer von Knecht-Sportreisen, stellt fest: «Last-Minute-Anfragen können wir noch bearbeiten, aber eigentlich sind wir ausgebucht».
150 Reisen verkaufte Knecht-Sportreisen. Travelclub bringt rund 1000 Fans zu den Schweizer Spielen in Russland. Doppelt so viel wie noch in Brasilien. Die Reisen kosten je nach Dauer und Zahl der Spiele 800 bis 9000 Franken.
Selber buchen in Russland ist schwierig
Flug, Hotel und Transporte zwischen den Spielorten und zum Stadion werden als Reisepakete fleissig gebucht. Nicht aber Tickets zu den Spielen – diese müssen die Fans separat kaufen. Ein Boykott gegen Russland wie er auf politischer Ebene diskutiert wird, scheint kein Thema zu sein.
Für die Reiseveranstalter ist klar, weshalb das Ziel Russland so beliebt ist: Es ist günstiger als damals Brasilien. Und vor allem: Flüge und Hotels selber zu organisieren, das ist in Russland für die Fans schwierig, heisst es bei Travelclub.