«Three, two, one» – Um exakt 15:12 Uhr Schweizer Zeit hob Jeff Bezos, der reichste Mann der Welt, mit der Rakete «New Shepard» ab. Mit dabei sein Bruder, die 82-jährige Mary Wallace Funk und ein 18-jähriger Niederländer namens Oliver Daemen. Ein Durchbruch – nach Jahren des Tüftelns und 15 erfolgreichen Testversuchen ohne Menschen an Bord. Rund 100 Kilometer in die Höhe brauste die Rakete seines Raumfahrtunternehmens im Westen von Texas.
Nicht weit davon entfernt, im amerikanischen Bundesstaat New Mexico, gelang Richard Branson am vorletzten Sonntag ähnliches. Er erreichte bei seinem Flug zwar nur eine Höhe von 80 km, doch das Ziel war dasselbe: Der Welt zeigen, dass Tourismus im All keine Zukunftsvision, sondern heute schon möglich ist.
Grosses Marktpotenzial
Wie gross das Potenzial des Weltraum-Tourismus ist, hat die Schweizer Grossbank UBS 2019 untersucht. Aus dem Bericht geht hervor, dass der Markt bis 2030 auf mehr als drei Milliarden US-Dollar pro Jahr anwachsen dürfte. Für die breite Masse werden die Ferien im All wohl trotz der momentanen Fortschritte unerschwinglich bleiben.
Es wird nie wie ein Zugbillett sein, das man einfach so lösen kann.
Für die Astrophysikerin Kathrin Altwegg ist klar: «Der Tourismus im Weltall wird garantiert nie billig sein. Es braucht sehr viel Energie und es braucht Geräte, die sehr zuverlässig sein müssen, sonst kommt es zu Unfällen. Das kann man nicht günstig machen. Es wird nie wie ein Zugbillett sein, das man einfach so lösen kann.»
Bei Branson, dem Besitzer von Virgin Galactic, zahlt man momentan um die 400'000 Dollar für einen zehnminütigen Flug. Bezos hingegen hat das Ticket für den heutigen Flug versteigert. Bezahlter Preis: 28 Millionen Dollar. Auf die Spitze treibt es aber Elon Musk, der Gründer von Space X. Er bietet für 55 Millionen Dollar eine Woche Ferien auf der Internationalen Raumstation (ISS) an.
Profitable Investition oder Bubenträume?
Trotz der horrenden Preise und der momentanen Zahlungsbereitschaft der Kunden glaubt die Astrophysikerin Altwegg nicht, dass der Weltraum-Tourismus auf lange Sicht profitabel sein wird: «Es wird eine Nachfrage geben, bis ein Unfall geschieht und der wird kommen. Das Publikum duldet solche Fehler nicht. Wenn das bei Bransons oder Bezos Firmen passiert, dann werden sie aus dem Markt fallen.»
Die haben diese Bubenträume, für einmal im Weltraum zu sein.
Deshalb würde die Astrophysikerin auch nicht in solche Raumfahrtunternehmen investieren. Der Verlust sei garantiert. Wieso sich trotzdem etliche Investoren finden lassen, erklärt sie sich so: «Die wollen mitfliegen. Die haben auch diese Bubenträume, für einmal im Weltraum zu sein. Und das ist es ihnen wert.»
Positive Nebeneffekte
Trotz der Kritik: Das Wetteifern der Superreichen im All bringt auch positive Effekte mit sich. Beispielweise führe die Konkurrenz zu tieferen Kosten für Satelliten. Kathrin Altwegg sieht darin eine Chance aus mehreren Gründen: «Das GPS funktioniert mit Satelliten, Erdbeobachtung, Meteo funktioniert mit Satelliten. Wir merken gar nicht, wie wir von Satelliten abhängig sind. Wenn es günstiger wird, diese zu starten, profitieren wir garantiert.»
In erster Linie aber verwirklichen sich Bezos, Musk und Branson – alles Milliardäre – ihren Bubentraum aus Feuer, Schall und Rauch.