Die Abstimmenden in den zehn Migros-Regionen haben ein deutliches Verdikt ausgesprochen. In der Deutschschweiz fiel das «Nein» noch krasser aus als das «non» und «no» in der Westschweiz und im Tessin.
Am meisten Zustimmung gab es in den Weinanbaugebieten, also im Tessin, Wallis, Waadtland und Genf. Dass es in diesen Weinanbau-Gebieten etwas mehr Ja-Stimmen gab, ist nicht überraschend, schliesslich ist die Weinproduktion dort ein wirtschaftlicher Faktor, und der eine oder andere Wein-Produzent hatte vielleicht gehofft, mehr Absatz zu finden – wenn er oder sie auch noch die lokalen Migros-Filialen beliefern könnte. Damit wird nun nichts.
Alkohol findet man im Denner oder bei Migrolino
Mit Grund für das wuchtige Nein der Migros-Genossenschafterinnen und Genossenschafter dürfte sein, dass man als Migros-Konsument, als Migros-Konsumentin mit dem Status Quo gut gefahren ist. Wer Wein, Bier oder Schnaps braucht, findet den ja oft gleich nebenan, in einem Denner, bei Alnatura, in Tankstellenshops, bei Migrolino. All diese Migros-Töchter verkaufen heute schon Alkohol. Gut möglich auch, dass das Alkoholverbot der Migros mittlerweile fast so etwas wie Kult-Status hat, eine Besonderheit, auf die man stolz ist und mit der man sich von anderen Detailhändlern abgrenzt.
Was bedeutet das deutliche Nein der Migros-Basis aber für das Unternehmen Migros? Es schleckt keine Geiss weg, dass die Migros durch das Alkoholverbot einen (kleinen) Wettbewerbsnachteil hat, gegenüber anderen Detailhändlern. Dort knallt heute da und dort vielleicht gar ein Champagnerkorken. Die Migros-Führung hatte sich deshalb im Vorfeld der Abstimmung auch explizit für den Alkoholverkauf ausgesprochen. Denn aus Sicht des Unternehmens wäre es vorteilhaft, man könnte überall Wein, Bier und Schnaps verkaufen, und in den Migros-Restaurants ein Bier oder ein Cüpli anbieten.
Die finanziellen Nachteile für die Migros durch das «Nein» der Basis dürften sich aber trotzdem in Grenzen halten. Schliesslich lebt die Migros seit bald 100 Jahren mit dem Alkoholverbot – und das gut. Eben auch weil die Migros mit den Töchterfirmen Denner und Co. vorgesorgt und sich Verkaufskanäle für Alkohol einverleibt hat.