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Finanzströme unter der Lupe Das Zeugnis für die Schweiz ist gut, aber es könnte besser sein

Juan Pablo Bohoslawsky ist bei der UNO für die Eindämmung unlauterer Finanzströme zuständig. Als eines der ersten Länder hat er nun die Schweiz unter die Lupe genommen.

Positive Entwicklungen mit Wermutstropfen, diese Beurteilung zieht sich durch den ganzen Kurzbericht, den der UNO-Berichterstatter Juan Pablo Bohoslawsky in Bern vorgelegt hat. Die Schweiz habe viele Fortschritte gemacht, wenn es darum gehe, sogenannte Potentatengelder zu beschlagnahmen – also Millionen- und Milliarden, die Diktatoren auf Schweizer Banken parkiert haben.

Bohoslawsky
Legende: Bohoslawsky ist der unabhängige Experte der UNO für die Eindämmung unlauterer Finanzströme. Keystone

Der Wermutstropfen: Die Schweiz könne erst einschreiten, wenn diese Diktatoren nicht mehr an der Macht seien. Solange sie in ihren Staaten noch das Sagen hätten, seien den Schweizer Behörden die Hände gebunden – was möglich mache, dass die Banken und Diktatoren ihre Finanzbeziehungen verschleierten.

Zudem dauere es oft sehr lange, bis die Gelder an jene zurückgegeben werden könnten, denen sie seinerzeit gestohlen worden seien. Erwähnt seien hier die Beispiele Tunesien und Ägypten, denn noch immer sind Millionengelder der dortigen früheren Diktatoren Ben Ali und Mubarak in der Schweiz eingefroren.

Datenaustausch mit dem Ausland ein erster Schritt

Als eine positive Entwicklung sieht der UNO-Berichterstatter den automatischen Informationsaustausch (AIA), der seit diesem Jahr mit über 30 Ländern in Kraft ist. Nur, kritisiert Bohoslawsky, das dürfe nicht nur mit Industriestaaten passieren.

Die Schweiz müsse bewusst auch mit Entwicklungsländern solche Abkommen schliessen und diese Staaten unterstützen, damit sie technisch dazu in der Lage seien, Bankdaten auszutauschen. Das würde die Geldflüsse langfristig transparenter machen, ist er überzeugt.

Kritik äussert der UNO-Experte schliesslich auch an einem ganz konkreten, innenpolitischen Vorhaben: Der Unternehmenssteuerreform. Sowohl die vom Volk bachab geschickte USR-III-Vorlage als auch der neue Vorschlag beunruhigen ihn. Die Steuerbelastung in der Schweiz bleibe für internationale Konzerne sehr tief.

Unterschiedliche Sicht auf die Unternehmenssteuer

Unter diesem Steuerwettbewerb litten die Entwicklungsländer, sie verschuldeten sich immer mehr und würden instabil. Darum fordert der Experte Parlament und Bundesrat auf, bei der Steuerreform darauf zu achten, was diese international im Hinblick auf Menschenrechte und die internationalen Finanzflüsse bewirke.

Bei diesem Wunsch zeigt sich der Widerspruch zwischen einer internationalen Optik und der innenpolitischen Sicht exemplarisch: Den allermeisten Schweizer Politikern wird es bei der neuen Steuervorlage darum gehen, dass die Schweiz als Wirtschaftsstandort attraktiv bleibt – und das Volk im zweiten Anlauf ja sagt.

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