Ihr Job ist es, den Schweizer Finanzmarkt – und damit auch Grossbanken – zu beaufsichtigen: Marlene Amstad, Präsidentin der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma). Nach dem CS-Ende kam die Behörde in die Kritik: Wieso konnte sie den Untergang der Grossbank nicht verhindern?
SRF News: Die Finma sagt, man habe alles gemacht, um das CS-Debakel zu verhindern. Doch sind Sie zu wenig selbstkritisch? Ein Zuschauer schreibt uns, die Behörde sei mitschuldig am Niedergang der Credit Suisse.
Marlene Amstad: Es war ein sehr einschneidendes Ereignis, und ich habe Verständnis, dass das kritisch beleuchtet wird. Bei der CS kamen wir tatsächlich an Grenzen unserer Möglichkeiten. Mit neuen Instrumenten hoffen wir, dass wir künftig früher eingreifen und auch dafür sorgen können, dass die Wahrscheinlichkeit eines Wochenendes, wie wir es im März 2023 erlebten, abnimmt.
Die Credit Suisse gehört nicht der Finanzmarktaufsicht.
Zur Selbstkritik: Wir haben schon Ende des vergangenen Jahres, als wir unsere Lehren aus der CS-Situation vorstellten, verschiedene Massnahmen benannt, damit klar wird: Auch wir nutzen das Ermessen noch mehr aus.
Sie hatten schon im Sommer 2022 heimlich die Sanierung der Credit Suisse vorbereitet. Hätten Sie dann nicht schon im Herbst darauf die Sanierung einleiten müssen?
Sanierungen sind sehr einschneidend. Die Credit Suisse gehört nicht der Finanzmarktaufsicht. Solche heftigen Einschnitte sind gesetzlich klar geregelt. Die CS konnte also nicht einfach saniert werden, wenn der Aktienkurs tief ist.
Wir sind wie die Polizei im System.
Etwas unter ging auch, dass wir schon im November 2022 die Sanierung «geübt» haben – mit Echtzeitdaten der Credit Suisse. Wir haben das zusammen mit anderen ausländischen Aufsichtsbehörden, vor allem in den USA und Grossbritannien, getan.
Wie wir wissen, kam es anders.
Wir hatten an diesem Wochenende im März 2023 verschiedene Optionen auf dem Tisch und gemeinsam mit den anderen Behörden die Variante mit den geringsten Risiken gewählt, die das Problem an der Wurzel packte, nämlich das Vertrauensproblem der CS zu adressieren.
Die Finma beschäftigt nur 560 Angestellte. Luxemburg hat doppelt so viele. Sind Sie zu schwach aufgestellt, um wirkungsvoll zu sein?
Nein. Wir sind wie die Polizei im System. Es sitzt auch nicht neben jedem Autofahrer ein Polizist. Kommt dazu, dass wir Prüfgesellschaften als verlängerten Arm nutzen, eine Eigenart des Schweizer Finanzmarkts.
Benötigen Sie für die Aufsicht der UBS nun mehr Personal? Auf dem Höhepunkt der Krise sollen nur sechs Leute für die CS zuständig gewesen sein.
Das war nur das Kernteam. Es waren wesentlich mehr für die Bank zuständig. Nun haben wir Teams zusammengeführt – rund 60 Leute beaufsichtigen jetzt die UBS. Wir wachsen, wenn wir neue Aufgaben wahrnehmen müssen. Die UBS ist ein Klumpenrisiko auf dem Finanzplatz, und das ist auch mit ein Grund, weshalb wir angemessen wachsen werden.
Das Gespräch führte Reto Lipp.