Am WEF drehte sich vieles um den Krieg in der Ukraine und Sicherheitsfragen. Doch es gab noch ein anderes Thema. Eines, das noch nie so präsent war wie dieses Jahr: der Zustand der Ozeane.
Die Meere als wichtige Nahrungsmittelquelle, die Ozeane und ihr Potenzial zur Aufnahme von Kohlendioxid. Aber auch, wie sich ihre Lage verschlechtert, hat zahlreiche Diskussionen in Davos geprägt.
Wer am Strand stehe, sehe die andere Seite des Meeres nicht und schon gar nicht auf den Meeresgrund, sagt Jim Leape, Professor für Ozeanstudien an der Stanford Universität in den USA und früher Chef von WWF International. «Und was wir nicht sehen, geht uns nicht nahe.» Dabei seien Ozeane enorm wichtig. Wie Schwämme nehmen sie CO₂ auf.
Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Meere bis zu 50 Mal mehr CO₂ speichern als die Atmosphäre. Zudem sind Ozeane eine Quelle von Nahrung, und zwar von sehr nahrhaften, gesunden Lebensmitteln, sogenannten Blue Foods – Fische, Muscheln, Algen und vieles mehr.
Starke Abhängigkeit vom Meer
Rund drei Milliarden Menschen weltweit ernähren sich laut Leape hauptsächlich von Blue Food. 800 Millionen Frauen und Männer leben von der Produktion, also beispielsweise vom Fischfang oder der Algenzucht.
Durch Verschmutzung, Überfischung und durch die Klima- und folglich die Wassererwärmung geraten die Ozeane jedoch immer stärker unter Druck. Menschen verlieren ihre Existenzgrundlage, die Meere nehmen weniger CO₂ auf und heizen so den globalen Klimawandel weiter an.
Lösungen gäbe es unterschiedliche. Einerseits müssten Staaten Gebiete schützen, meint Leape. Er nennt das Beispiel von Ecuador, Kolumbien, Panama und Costa Rica, die vor ihren Küsten das grösste Meeresschutzgebiet der Erde geschaffen haben. Das sei eine Initiative, die sowohl den Menschen an den Küsten als auch der Biodiversität im Wasser und dem Klima zugutekomme, ist Leape überzeugt.
Preis für Wasser – bloss welchen?
Eine andere Möglichkeit, die Ozeane zu schützen, wäre, die Umweltleistungen, die sie erbringen, mit einem Preisschild zu versehen. Johan Rockström, ein Klimawissenschaftler, der seit Jahren im Auftrag des Europäischen Forschungsrats der versammelten Wirtschafts- und Politelite am WEF die Dringlichkeit zu handeln nahelegt, ist davon überzeugt, dass Wasser allgemein einen Preis erhalten sollte.
Wenn der Wasserverbrauch von Nahrungsmitteln beispielsweise kosten würde, würde unser Essen zwar teurer, aber die Produzenten hätten einen Anreiz, nachhaltiger mit Wasser umzugehen, sagt er. Welches Wasser wie viel Wert hat, ist aber noch weitgehend unklar.
Unter anderem deshalb hat die OECD zusammen mit der niederländischen Regierung diese Woche eine Kommission ins Leben gerufen, die sich mit der Ökonomie des Wassers befassen soll.
Rockström ist Mitglied dieser Kommission. Je besser das Verständnis für den Wert von Wasser, je klarer der Blick auch unter die Meeresoberfläche, desto besser der Schutz und desto nachhaltiger die Nutzung des Wassers der Ozeane, so seine Hoffnung.