Für den Wocheneinkauf oder zum «Lädele» über die Grenze nach Deutschland fahren. Das haben auch am 1. August wieder viele Schweizerinnnen und Schweizer gemacht, denn «ennet der Grenze» hatten die Geschäfte geöffnet.
Doch die Detailhändler im süddeutschen Raum leiden. Denn noch immer verzeichnen sie viel weniger Einkaufstourismus als vor Corona. Hinzu kommt die hohe Inflation, die den Umsatz im deutschen Detailhandel massiv einbrechen liess. Jetzt versuchen die Händler mit Werbung das Geschäft mit den Kunden aus der Schweiz wieder anzukurbeln.
Zum Beispiel das Einkaufszentrum Cano in Singen. Es schaltet derzeit Radiospots, die auf Kundinnen und Kunden aus der Schweiz zielen: «Wir versuchen gezielt mit Werbung in der Schweiz, das Cano dort bekannt zu machen», sagt Kitty Molnar, die Leiterin des Cano. Auch viele andere Detailhändler in den Landkreisen Lörrach, Waldshut und Singen setzen derzeit auf Reklame.
Denn ihre Lage ist ernst. Seit der Corona-Pandemie fehlen noch immer viele Schweizer Kundinnen und Kunden. Viele kauften während der Corona-Pandemie online oder regional ein und haben sich die Ausflüge nach Deutschland abgewöhnt.
Das bestätigt Lena Häsler von der Industrie- und Handelskammer Hochrhein-Bodensee: «Wenn man zurückblickt auf die letzten zwei Pandemiejahre mit verschiedenen Massnahmen und unterschiedlichen Regeln auf beiden Seiten der Grenze, sieht man, dass es den Kunden im ersten Jahr fast neun Monate nicht möglich war, unter normalen Bedingungen einzukaufen. Das wirkt sich natürlich auf das Konsumentenverhalten aus.»
Bis zu 30 Prozent weniger Schweizerinnen und Schweizer
In Zahlen: Die Industrie- und Handelskammer Hochrhein-Bodensee schätzt, dass die Detailhändler mit den Schweizer Kundinnen und Kunden 2.5 Milliarden Euro Umsatz machen im Jahr. Doch jetzt kommen schätzungsweise 20 bis 30 Prozent weniger Schweizerinnen und Schweizer fürs Einkaufen über die Grenze. «Man sagt, dass die Umsätze in der Region zu 50 Prozent von Schweizer Einkäufern abhängig sind», sagt Häsler weiter.
Deutlich weniger Umsatz auf der einen Seite und sehr hohe Mieten auf der anderen Seite. Einige Geschäfte in Konstanz haben deswegen die Coronajahre nicht überlebt. Jetzt gibt es auch in Konstanz leere Verkaufsflächen. Ein Problem, das die Stadt bisher nicht kannte.
Neben der fehlenden Kundschaft aus der Schweiz haben die Geschäfte im süddeutschen Raum noch mit einem anderen Problem zu kämpfen: mit der hohen Inflation in Deutschland. Die einheimischen Kundinnen und Kunden kaufen deshalb weniger ein. Die Folge: Der Umsatz im deutschen Detailhandel ist im Juni im Vergleich zum Vorjahresmonat um 8.8 Prozent eingebrochen.
Deutsche Geschäfte werben gezielt in der Schweiz
Zurückhaltung der deutschen Kundschaft und weniger Schweizer Kundinnen. Auch mit Direktwerbung versuchen die deutschen Geschäfte dagegen anzukämpfen: Fast täglich landen Prospekte, Flyer und Kataloge in den Briefkästen in den grenznahen Schweizer Regionen.
Was den Geschäften dabei in die Hände spielt, ist der aktuell tiefe Euro-Franken-Kurs. So hoffen die deutschen Detailhändler zu erreichen, dass die Schweizer Kundschaft die Umsatzlücken bald wieder schliesst.