Rom Ksuk spricht leise, man hört ihn kaum im Gedränge der Lebensmittel-Messe Food Tech in Tel Aviv. «Viele wollen derzeit mit pflanzlichen Burgern Fleisch nachahmen», sagt er. «Aber man kann doch nicht etwas nachahmen und meinen, man könne es damit ersetzen».
Das sitzt. Ein Seitenhieb gegen all jene, die glauben, die Antwort auf die wachsende Fleisch-Skepsis seien pflanzliche Burger. Dazu gehören Nestlé, Aldi oder Beyond Meat.
Ksuk ist Chef des israelischen Start-ups Future Meat Technologies. In zwei Jahren will er Fleisch aus dem Labor auf den Markt bringen. Im Gespräch mit SRF verspricht Ksuk den «real deal», das einzig Wahre. «Wir produzieren echtes Fleisch, einfach ohne die Kosten für die Umwelt».
90 Prozent weniger Ressourcen
Didier Toubia ist einer von Ksuks Konkurrenten. Er ist Gründer und Chef von Aleph Farms. Auch er und sein Team produzieren Fleisch im Labor, «kultiviertes Fleisch», wie sie es nennen. Dazu entnehmen sie einer lebendigen Kuh Muskelgewebe und isolieren verschiedene Zellen. Diese vermehren sich in einem Bioreaktor und wachsen zusammen – genau wie die Zellen im Körper der Kuh.
«Wir können direkt Zellen nähren, um ein Stück Fleisch herzustellen, und müssen nicht ein ganzes Tier über zwei, drei Jahre füttern», sagt Toubia. «Und wir müssen nur genau die Menge von Nährstoffen, Wasser und Energie aufwenden, die es für ein Steak braucht.» Das spare 90 Prozent der Ressourcen.
Noch kostet ein kleiner Happen des kultivierten Steaks 50 Franken, und noch wird es drei Jahre dauern, bis das Laborfleisch marktreif ist. Toubia hat aber bereits Investoren aus dem In- und Ausland überzeugt.
Migros hat in israelisches Start-up investiert
Auch die Migros-Industrie hat Geld in Toubias Aleph investiert. Nur so könne man «im Gestaltungsprozess dabei sein und das Start-up auf dem Weg zum Markt unterstützen», sagt Eliana Zamprogna. Die promovierte Chemie-Ingenieurin ist Technologie-Chefin der Migros-Industrie.
«Falls sich diese Technologie beweist und Aleph Fleisch in grossen Mengen produzieren kann, wollen wir bei den Ersten sein, die Zugang zur Technologie haben», sagt Zamprogna.
Aleph-Gründer kontert Kritik
Nicht alle sind so wohlwollend. «Unappetitlich» und «unnatürlich» sei Laborfleisch, sagen Kritiker. Didier Toubia hört sich das seelenruhig an. Und sagt dann: In den Anfängen der Landwirtschaft habe der Mensch den Wachstumsprozess unter Kontrolle gebracht, um mit weniger Ressourcen mehr und bessere Nahrung zu erhalten. «Wir machen genau dasselbe mit Fleisch: Wir schauen der Natur ab, wie Fleisch im Tier wächst, und machen es nach – unter kontrollierten Bedingungen».
Da wächst gerade Konkurrenz für Bauern heran, könnte man meinen. Auch hier widerspricht Toubia: Es sei Aufgabe der Bauern, die Welt zu ernähren, nicht die Aufgabe von Start-ups. «Unser Ziel ist es, die Bauern in die Produktion zu involvieren». Wie genau? Hier stehen konkrete Antworten noch aus.
Eine Wette auf die Zukunft
Aus Sicht der Investorin Migros muss Toubia noch weitere Antworten liefern. Die Hersteller müssten beweisen, dass sie Laborfleisch in grossen Mengen zu vernünftigen Preisen herstellen können. Und: Noch stehe die Anerkennung der Lebensmittelbehörden aus. Kurz: «Das ist eine Wette auf die Zukunft», sagt Eliana Zamprogna.
Fleisch aus dem Labor – das mag für viele weit weg sein. Migros steht mit dem Investment aber längst nicht alleine da. Coop ist die Wette schon vergangenes Jahr eingegangen, hat sich über sein Tochter-Unternehmen Bell – gegen anfängliche interne Widerstände – mit 2 Millionen Euro am holländischen Start-up Mosa Meat beteiligt. Auch dessen Ziel ist es, in zwei, drei Jahren Labor-Fleisch auf den Markt zu bringen.
Ziel: 30 Prozent Marktanteil
«Wir müssen das produzieren, was die Konsumenten wollen», sagt Lorenz Wyss, gelernter Metzger und Chef von Bell. «Wenn sich die Mitte des Tellers verändert, müssen wir uns anpassen».
Laborfleisch könnte also schon bald auf unseren Tellern landen. Für Start-up-Unternehmer Rom Ksuk ist das freilich nur ein Etappenziel: «In zehn Jahren wird kultiviertes Fleisch einen Marktanteil von 30 Prozent am gesamten Fleischmarkt haben».