Eine aktuelle Studie der UBS zeigt, dass sich Frauen zwar grosse Sorge machen um ihre Finanzen in der Zukunft. Dennoch befassen sich nur wenige mit langfristigen Finanzthemen.
Nur eine von fünf Befragten interessiert sich für das Thema Vermögensaufbau. Noch weniger interessieren sich für die Entwicklung an den Finanz- und Börsenmärkten. Es ist einerseits das fehlende Interesse. Andererseits fühlen sich Frauen unsicher beim Thema Geld und überlassen die Finanzen darum oftmals ihren Partnern. Doch woher kommt diese Unsicherheit? Ein Erklärungsversuch.
Warum trauen sich Frauen in Sachen Geld weniger zu? Es hat einerseits mit Stereotypen zu tun. Geldanlagen sind in der Wahrnehmung eher männlich; Frauen haben weniger einen Bezug dazu. Laut der Expertin Corin Ballhaus hat es zudem auch mit der gesellschaftlichen Rolle der Frau zu tun. «Wir dürfen nicht vergessen: Bis in die 1980er-Jahre war es den Frauen ohne Einwilligung des Ehemannes nicht erlaubt zu arbeiten», sagt Ballhaus. Den Frauen fehle geschichtlich gesehen schlicht die Erfahrung, eigenes Geld zu verdienen, zu investieren oder zu sparen. Die Frauen hätten im versierten Umgang mit Finanzen einen Nachholbedarf.
Wir dürfen nicht vergessen: Bis in die 1980er-Jahre war es den Frauen ohne Einwilligung des Ehemannes nicht erlaubt zu arbeiten.
Welche Folgen kann das Desinteresse haben? Es ist wichtig zu wissen: Jeder Schritt hat finanzielle Folgen. Am deutlichsten zeigt sich das in der beruflichen Vorsorge. Wenn eine Frau den Job aufgibt oder das Pensum reduziert, dann hat sie am Ende ihres Berufslebens weniger in ihrer Pensionskasse, also weniger Rente. Das System der beruflichen Vorsorge hängt ausschliesslich davon ab, ob jemand Geld verdient. «Dieses System benachteiligt Frauen nicht», sagt Ballhaus. Sie müssten einfach wissen, wie das System funktioniert – das Bewusstsein sei ganz wichtig. Wenn sich Lücken abzeichnen, könne man diese schliessen. Das müsse aber angesprochen und mit dem Partner vereinbart werden, sagt Ballhaus.
Inwiefern sind Frauen selbst in der Verantwortung? «Frauen müssen sich selbst um ihre Finanzen kümmern und diese nicht anderen überlassen», sagt Ballhaus. Das erfordert ein gewisses Mass an Wissen, Finanzbildung ist deshalb unverzichtbar. Hier setzen verschiedene Angebote an, die Finanzwissen spezifisch für Frauen vermitteln. Bei Banken seien Beratungen oft auf einzelne Produkte ausgerichtet, so Ballhaus. Dies sei aber der falsche Ansatz: «Finanzberatung sollte bei der aktuellen Lebenssituation einer Frau ansetzen, dann kann sie sich damit identifizieren.» Ein Hauskauf oder auch die Gründung einer Familie: Beides hat direkte Auswirkungen auf die persönlichen Finanzen.
Finanzberatung sollte bei der aktuellen Lebenssituation einer Frau ansetzen, dann kann sie sich damit identifizieren
Ist das vor allem in der Schweiz ein Problem oder universell? Laut der Vorsorgeexpertin Corin Ballhaus ist das Sich-nicht-Kümmern kein schweizerisches Phänomen, sondern auch in Deutschland, Österreich, Italien, Spanien und Portugal verbreitet. Zwar nimmt der Anteil berufstätiger Frauen zu und sie sind immer besser ausgebildet. «Was sich aber nur langsam verändert, sind die Verhaltensweisen und Einstellungen», sagt Ballhaus. Somit fehlten auch entsprechende Vorbilder, und tradierte Rollenbilder geisterten noch lange in den Köpfen herum. Als positive Beispiele in Europa gelten die skandinavischen Länder sowie Frankreich. In diesen Ländern ist es bereits sehr viel selbstverständlicher, dass Frauen unabhängig von Schicht, Alter und Zivilstatus Vollzeit arbeiten.