- Die G20-Finanzminister haben sich bei ihrem Treffen in Baden-Baden (D) auf einen Minimal-Kompromiss zum Thema Freihandel geeinigt.
- Die Ablehnung von Protektionismus ist auf Druck der neuen US-Regierung aus der Schlusserklärung verschwunden. Das Wort Protektionismus fehlt vollständig.
- Die G20-Länder einigten sich nur auf die allgemeine Formulierung: «Wir arbeiten an einer Stärkung des Beitrags des Handels zu unseren Volkswirtschaften.»
- Hintergrund war die Ankündigung der US-Regierung, die amerikanische Wirtschaft gegen ausländische Konkurrenz abzuschotten und Importhürden anzuheben.
- Unter Protektionismus versteht man die Massnahmen, mit denen ein Staat versucht, ausländische Anbieter auf dem Inlandmarkt zu benachteiligen.
Die führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) steuern auf einen Handels- und Währungskonflikt zu. Die USA verhinderten nach heftigem Widerstand eine Einigung der G20-Staaten auf eine gemeinsame Linie in der Handelspolitik. Die Finanzminister und Notenbankchefs konnten sich bei ihrem zweitägigen Treffen in Baden-Baden auf kein klares Bekenntnis zu freiem Handel und gegen Marktabschottung und Protektionismus verständigen.
In der einstimmig beschlossenen Abschlusserklärung der Finanzminister heisst es lediglich: «Wir arbeiten daran, den Beitrag des Handels für unsere Volkswirtschaften zu stärken.» Damit konnte Gastgeber Deutschland trotz teils nächtelanger Kompromisssuche nur einen Minimal-Konsens retten. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sieht dennoch die internationale Zusammenarbeit nicht gefährdet. Der G20-Prozess sei «eher gestärkt als geschwächt».
Vorsichtige Formulierungen zu den USA
Üblicherweise bekennt sich die G20-Gruppe in ihren gemeinsamen Abschlusserklärungen zum Freihandel und erteilt wirtschaftlicher Abschottung und Protektionismus eine Absage. Der seit knapp zwei Monaten amtierende US-Präsident Donald Trump jedoch hatte mehrfach betont, er werde in seiner Handels- und Steuerpolitik amerikanische Interessen über alles andere stellen. Mit dieser «America First»-Politik wollten die USA den G20-Konsens aufbrechen.
Manchmal muss man sich auf solchen Tagungen darauf beschränken, dass man keinen Partner überfordert.
Auch die USA seien für offene Märkte, niemand befürworte Protektionismus. Aber es sei eben unklar, «was der eine oder andere darunter versteht».
US-Finanzminister Steven Mnuchin habe kein Mandat gehabt, «über neue oder irgendwelche kreativen Formulierungen» zum Thema Handel im engeren Sinne zu verhandeln, sagte Schäuble. «Das muss man irgendwann respektieren.» Er sorge sich nicht um die weitere Zusammenarbeit.
Beim letzten Gipfel tönte es noch ganz anders
Im Gegenteil: Die Diskussionen hätten erneut belegt, «wie unverzichtbar die Vereinigten Staaten sind in einer Welt, die so viele Probleme hat», sagte Schäuble. «Wir werden ihnen das höflich – so höflich, wie wir können – immer wieder sagen.» Bei der Regulierung der Finanzmärkte bestünden keine Bedenken, dass die nach der jüngsten Finanzkrise verschärften Regeln zurückgedreht würden.
Zuletzt hatten die G20-Staats- und Regierungschefs auf ihrem Gipfel im chinesischen Hangzhou vereinbart, «härter» zu arbeiten, «um eine offene Weltwirtschaft aufzubauen, den Protektionismus abzulehnen, den globalen Handel und die Investitionen zu fördern – unter anderem durch die weitere Stärkung des multilateralen Handelssystems». Schäuble verwies darauf, dass Gipfel-Formulierungen anders ausfielen als die der Finanzminister, die nicht vorrangig zuständig seien.