Fast 30 Jahre lang hat die drittreichste Frau der Welt, Françoise Bettencourt Meyers, die Strategie von L’Oréal mitbestimmt und die Interessen der Gründerfamilie im grössten Kosmetikunternehmen der Welt vertreten. Nun übergibt die 71-jährige Milliardärin das L'Oréal-Vizepräsidium an ihren Sohn Jean-Victor Meyers und zieht sich aus dem Verwaltungsrat zurück, wie das Unternehmen mitteilte. Damit sind die Machtverhältnisse geregelt und die Interessen der Gründerfamilie in den nächsten Jahren oder Jahrzehnten gewahrt.
Der Erfolg des Unternehmens hat die Familie reich gemacht. Das Vermögen von Françoise Bettencourt Meyers und deren Familie wird auf über 70 Milliarden Dollar geschätzt. L'Oréal liefert Jahr für Jahr hohe Gewinne und davon profitiert auch die Gründerfamilie.
Bettencourt und Nestlé kontrollieren L’Oréal
Dass die Familie Bettencourt bei L’Oréal das Sagen hat, das zeigt sich an den Besitzverhältnissen. Die Familie hält einen Anteil von knapp 35 Prozent der Aktien. Das ist zwar nicht die Mehrheit, aber eine langjährige Partnerschaft mit Nestle zementiert die Macht. Der Schweizer Nahrungsmittelkonzern hat sich vor über 50 Jahren an L’Oréal beteiligt und hält nach wie vor einen Anteil von 20 Prozent, zusammengerechnet ergibt das die Aktienmehrheit. Nestlé ist mit der Familie Bettencourt eng verbunden, der Präsident von Nestlé Paul Bulcke sitzt im Verwaltungsrat von L'Oréal.
L’Oréal wurde 1909 von dem Chemiker Eugène Schueller in Paris gegründet. Der junge Mann hatte damals ein Mittel zum Färben der Haare entwickelt. Die Haarfärbemittel waren gefragt, die Firma wuchs schnell.
Eugène Schueller war unternehmerisch erfolgreich, sein politisches Engagement aber umstritten. Er unterstützte in den 1930er-Jahren eine rechtsextreme und antisemitische Gruppierung und war später ins Vichy-Regime verstrickt.
Vier Generationen Bettencourt
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Bild 1 von 5Legende: Der Firmengründer Eugène Schueller hat mit Haarfärbemittel die Basis für den Milliardenkonzern gelegt. Wikimedia/Mayns
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Bild 2 von 5Legende: Zweite und dritte Generation: Liliane Bettencourt mit Tochter Françoise Bettencourt im Jahr 2011. Keystone/Thibault Camus
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Bild 3 von 5Legende: Ein Polizeieinsatz während der Bettencourt-Affäre, 2010 vor dem Haus der Milliardärin. Keystone/Ian Langsdon
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Bild 4 von 5Legende: Stand vor Gericht: Der Fotograph Francois-Marie Banier soll die betagte Milliardärin Liliane Bettencourt ausgenutzt haben. Keystone/Jacques Brinon
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Bild 5 von 5Legende: Vierte und zweite Generation: Jean-Victor Meyers, der neue L'Oréal-Vizepräsident zusammen mit Liliane Bettencourt, im Jahr 2012. Keystone/Thibault Camus
1957 ist der Firmengründer gestorben und dessen einzige Tochter Liliane übernahm die Führung bei L’Oréal, die zweite Generation. Die Erbin heiratete und so änderte der Familienname zu Bettencourt. L'Oréal expandierte weiter und in dieser Zeit entstand auch der legendäre Werbeslogan «Weil ich es mir wert bin». Liliane Bettencourt starb 2017 und so ging das Erbe an Françoise Bettencourt Meyers über, die ihrerseits nun an die vierte Generation übergibt.
Die Affäre Bettencourt
Die Familie Bettencourt lebte in den vergangenen Jahrzehnten zwar zurückgezogen, sorgte aber dennoch immer wieder für Schlagzeilen und Skandale.
So soll die Familie jahrelang illegale Wahlkampfgelder bezahlt haben, unter anderem an Nicolas Sarkozy, dem späteren Staatspräsidenten. Daraus resultierte eine Staatsaffäre.
Zudem kam es zum Familienstreit. Liliane Bettencourt litt in hohem Alter an Demenz – ein Vertrauter soll dies ausgenutzt haben und Geschenke von 400 Millionen Euro erschlichen haben, worauf die Tochter Françoise klagte. Es kam zum Prozess und der Beschuldigte wurde zu drei Jahren Haft verurteilt. Die Familie sorgte für so viel Gesprächsstoff, dass daraus eine Netflix-Serie entstand.