Die meisten Länder hätten zu wenige Beatmungsgeräte, sagt Andreas Wieland, Verwaltungsratspräsident von Hamilton Schweiz. Niemand habe damit gerechnet, dass sich das Coronavirus so stark ausbreitet.
Hamilton produziert Beatmungsgeräte für Intensivstationen in Spitälern und dazugehöriges Verbrauchsmaterial – im Moment auf Hochtouren.
Die Nachfrage sei viermal höher als sonst. «Wir sind nun extrem gefordert», so Wieland.
Besonders in Italien fehlt es an Beatmungsgeräten. Hamilton liefert nun 350 Stück. Ein Gerät, wie es zurzeit benötigt wird, kostet rund 45'000 Franken.
Auch aus den USA hat Hamilton gerade einen 10-Millionen-Auftrag erhalten – vom US-Militär, das Beatmungsgeräte exklusiv beim Unternehmen kaufe.
Noch seien Lieferungen über die Grenze möglich, sagt Jens Hallek, Geschäftsführer von Hamilton Medical, doch «die Logistik ist eine Herausforderung».
Mehrarbeit brauchte keine Überzeugungsarbeit
Die 350 Angestellten im Werk in Ems leisten zurzeit Überstunden, und sie arbeiten auch samstags.
Um das Personal vor dem Coronavirus zuschützen, wurde ein Zwei-Schicht-Betrieb eingeführt. Die Hälfte der Büroangestellten macht Home-Office oder hilft in der Produktion aus.
«Es braucht keine Überzeugungsarbeit, unsere Leute zur Mehrarbeit zu bewegen», sagt Jens Hallek. «Beatmungsgeräte werden überall dringend benötigt. Wir können hier einen Beitrag leisten.»
Produktionsmitarbeiterin Tina Frischknecht bestätigt dies: «Es ist momentan wichtig, dass wir mit unseren Produkten anderen Menschen helfen.»
Preiserhöhungen schlecht fürs Image
Einige Händler nützen die Notsituation aus, sagt Jens Hallek: «Wir haben Hinweise von der Welt-Gesundheitsorganisation bekommen, dass sich die Preise für Beatmungsgeräte in einigen Märkten verdoppelt haben.»
Hamilton verteure seine Preise für Beatmungsgeräte nicht und überwacht auch die Preise der internationalen Vertriebspartner.
«Preiserhöhungen würden unserer Reputation schaden», so Hallek. «Wir wollen dorthin liefern können, wo die Geräte am meisten gebraucht werden.»
Hamsterkäufe an Bauteilen
Dass Hamilton so viel produzieren kann, ist nicht selbstverständlich. Das Unternehmen hat sich rechtzeitig mit Bauteilen eingedeckt.
Man habe schon im Dezember die Situation in China beobachtet. Als sich das Virus dort auszubreiten begann, habe das Unternehmen massenweise Teile von dort bestellt.
«Wir haben richtig gehamstert», so Wieland. Sein Glück sei gewesen, dass er noch vor der Autoindustrie bestellt habe, die zum Teil die selben Chips wie Hamiltons High-Tech-Geräte benötige. «Wenn die einmal bestellen, bleibt für uns nicht mehr viel übrig.»
Lieferkette ungewiss
Doch auch Hamilton kann nicht unbegrenzt produzieren. Noch rund drei Monate, sagt Andreas Wieland, «danach trocknet unsere Supply Chain aus».
Er rechne aber damit, dass sich die Situation bis im Mai oder Juni beruhigt. Chinesische Zulieferer begännen schon jetzt langsam wieder zu produzieren.
Und Wieland denkt schon einen Schritt weiter: «Wenn die Verkehrswege wieder aufgehen, gibt es einen Run auf Schiffe und Flugzeuge. Dann ist es wichtig, dass man Transportkapazitäten hat».
Bis dahin wird es aber wohl noch etwas dauern.