ABB hat seine beiden Fabriken in Russland schon im März praktisch stillgelegt. Neue Aufträge werden nicht mehr angenommen. «Einzelne alte Aufträge müssen aber noch ausgeführt werden, um die Angestellten nicht zu gefährden», sagte Konzernchef Björn Rosengren an einer Telefonkonferenz.
Russland hatte bekanntlich damit gedroht, gegen Angestellte von westlichen Unternehmen strafrechtlich vorzugehen, sollten diese die lokale Nachfrage nicht mehr bedienen. Auch Zwangsverstaatlichungen hatte der Kreml angedroht.
Kompletter Rückzug noch offen
ABB setze alles daran, die Sicherheit und das Wohlergehen der rund 750 Mitarbeitenden in Russland zu gewährleisten, so Rosengren weiter. Zwar wurden sie alle nach Hause geschickt, erhalten aber weiterhin den Lohn – mindestens drei Monate lang.
Ein vollständiger Rückzug aus Russland ist ein heikler Entscheid – gerade im Hinblick auf die Beschäftigten.
Ob sich ABB danach komplett aus Russland zurückzieht, sei noch nicht entschieden, sagte Rosengren. «Das ist ein heikler Entscheid, gerade mit Blick auf die Sicherheit der Beschäftigten.» Für ABB wäre ein vollständiger Rückzug aus Russland durchaus verkraftbar. Schliesslich erwirtschaftete die Gruppe in Russland zuletzt bloss rund anderthalb Prozent ihres gesamten Umsatzes.
Viele Aufträge trotz höheren Preisen
Indirekte Folgen des Kriegs in der Ukraine spürt ABB keine. Die Kunden kaufen ABB-Produkte, beispielsweise zur Automatisierung von Fabriken, ungeachtet der konjunkturellen Unsicherheiten.
So hat ABB hat von Januar bis März aus den verschiedensten Industriesegmenten markant mehr Aufträge erhalten. Und das erst noch trotz höherer Produktionspreise, die ABB so gut es geht auf die Kunden überwälzt.
Wegen der anhaltenden Probleme bei den Lieferketten können die Aufträge aber nicht reibungslos und schnell abgewickelt werden. Vor allem der Geschäftsbereich Robotik und Fertigungsautomation klagt über Engpässe bei Komponenten, die für die Produktion benötigt werden.
Problem: Lockdowns in China
ABB tue aber alles, um die Aufträge abzuarbeiten, so Konzernchef Rosengren. Die neuen, Corona-bedingten Lockdowns in China könnten die Situation aber weiter verschärfen. Eine ABB-Fabrik in Schanghai ist seit drei Wochen geschlossen, ebenso der für westliche Unternehmen wichtige Hafen von Schanghai.
Dies setzt der ABB-Gruppe wirtschaftlich mehr zu als der Krieg in der Ukraine, der vor allem menschlich eine Tragödie ist.