Aufgrund der sonnigen Frühlingstage würden für viele Gastronomen derzeit eigentlich die Kassen klingeln. An den lukrativen Ostertagen gehen nun Tausende Franken verloren – Einnahmen, welche für die Bezahlung der Mieten dringend nötig wären. Denn ob Gewerbler ihre Mieten trotz des Corona-bedingten Erwerbsausfalls bezahlen müssen, ist nach wie vor ungeklärt. Der Bundesrat ruft die Parteien zwar zu einer konstruktiven Lösungsfindung auf – bei der Kulanz der Vermieter gibt es aber riesige Unterschiede.
Kleine kulant – Grosse unnachgiebig?
Für Gastronom Michel Péclard, der im Grossraum Zürich und in Arosa über ein Dutzend Betriebe führt, stossen diese Unterschiede auf Unverständnis: «Von fünf Monaten Mieterlass – weil ein gutes Mietverhältnis besteht – bis zu Grossbetrieben, hinter denen Milliardäre stehen, welche mit Betreibungen drohen – gibt es alles.» Es seien aber insbesondere die kleinen privaten Vermieter, welche Kulanz zeigten.
Die Forderungen des Verbands der Geschäftsmieter sind umso klarer. Solange die Geschäfte Zwangs-gesperrt sind, dürfen keine Mieten verlangt werden.
Immobilienverband will keine Pauschallösung
Ein pauschaler Mieterlass kommt für den Verband Immobilien Schweiz (VIS), der die grossen Immobilienvermieter vertritt, nicht infrage. Man habe seine Mitglieder aber aufgefordert, beidseitig tragbare Lösungen zu finden, schreibt der VIS auf Anfrage von SRF. Auch viele grosse Vermieter hätten rasch und zum Teil von sich aus Mietstundungen gewährt.
Bei den institutionellen Vermietern sind zu einem wesentlichen Teil Gelder von Pensionskassen und Versicherten angelegt.
Der VIS weist jedoch darauf hin, dass die Vermieter auch die Interessen der Anleger berücksichtigen müssten. Bei den institutionellen Vermietern seien zu einem wesentlichen Teil Gelder von Pensionskassen und Versicherten angelegt.
Dass gerade grosse institutionelle Vermieter die Interessen der Anleger mitberücksichtigen müssen, kann Patrick Schnorf, Immobilienexperte des Immobilien-Beratungsunternehmens Wüest Partner AG, nachvollziehen. Er plädiert für branchenabhängige, individuelle Lösungen: «Es gibt exponierte Branchen wie das Kleingewerbe oder die Unterhaltungsbranche, die sehr schwache Margen aufweisen und daher schnell an ihre Grenzen kommen bei der Mietzahlung.» Für solche Betroffenen sollten gewisse Mieterlasse oder Stundungen möglich gemacht werden.
Schätzungsweise 440 Millionen monatliche Mietausfälle
Trotz Appellen von Experten und Politik – für viele Miet- und Vermieterparteien ist eine konstruktive Lösungsfindung nicht einfach, denn es geht beidseitig um grosse Summen. Laut einer Schätzung der Wüest Partner AG wird schweizweit pro Monat eine Milliarde Schweizer Franken durch Gewerbemieten erwirtschaftet. Das Beratungsunternehmen rechnet vor: Könnten alle direkt betroffenen Betriebe ihre Mieten nicht mehr bezahlen, so gäbe es pro Monat Mietausfälle von rund 440 Millionen Franken.
Gewisse Mietausfälle – darauf stellen sich langsam auch grosse Immobilienunternehmen ein. Swiss Life und Helvetia gewähren unter bestimmten Bedingungen Mietzinsreduktionen oder Stundungen, wie die beiden Unternehmen vor kurzem bekannt gaben. Die Unsicherheit aufseiten der Gewerbemieter bleibt ohne politische und rechtliche Absicherung jedoch bestehen.