Mit dem jährlichen Konsum von weltweit 50 Milliarden Tonnen Sand, könnte man eine Mauer um den Äquator bauen, die 27 Meter hoch und 27 Meter breit ist. Dies hat ein Forscherteam rund um den Genfer UNO-Umweltforscher Pascal Peduzzi berechnet.
Dass der enorme Sandkonsum Probleme verursache, hat Peduzzi 2009 bei einer Forschungsarbeit über Erosionen von Stränden in Jamaika festgestellt. «Leute haben uns erzählt, dass in einem kleinen Fischerdorf eines Nachts mit Gewehren bewaffnete Menschen in Lastwagen aufgefahren sind und den Sand vom Strand abgetragen haben», erzählt er.
Folgen für Umwelt sind verheerend
Mittlerweile hat der Forscher mehrere Berichte veröffentlicht und die Problematik untersucht. Das Problem sei, dass Sand in der Regel dort abgebaut werde, wo er günstig geladen und weggeführt werden kann. Anstatt in Kiesgruben – wie in der Schweiz – werde der Sand mit Schaufeln und Baggern aus Flüssen geschaufelt oder von Stränden weggekarrt.
Die Folgen für die Umwelt seien verheerend. Es gebe vermehrt Überschwemmungen, Trockenheit, versalzte Böden. Ebenso werde Sand mit gigantischen Staubsaugern auf Schiffen vom Meeresboden geholt, was die Meeresfauna und die Fischerei schädige.
Besonders gross ist der Hunger nach Sand in Asien und Afrika. In diesen Ländern werde Sand meist wenig reglementiert abgebaut. Entsprechend hätten sich mafiöse Strukturen gebildet, die Abbau und Handel von Sand kontrollieren würden.
Es brauche Gesetze und Kontrollen, um die Korruption zu bekämpfen. Die Umsetzung sei schwierig, gibt Peduzzi zu bedenken: «Auf der einen Seite müssen die lokalen Regierungen gegen die Sandmafia vorgehen, auf der anderen Seite sind sie dringend auf deren Sand angewiesen, um Schulen oder Strassen bauen zu können.»
Es brauche ein Umdenken, bilanziert Peduzzi. Für mehr Entwicklung weltweit brauche es Kreislauf-Wirtschaften, die schonender mit Ressourcen umgehen. Da sei die Politik in der Pflicht.
Schweiz mit Nutzungskonflikten
In der Schweiz sind Sand und Kies an sich keine Mangelware. Kiesgruben aber haben politisch einen schweren Stand, denn sie stellen sichtbare Eingriffe ins Landschaftsbild dar und verursachen Lärm- und Staubemissionen.
Daniel Kästli kennt diese Problematik. Er ist Leiter der Kiesgrube Rubigen bei Bern. In seiner Grube verteilen Förderbänder wie mit grossen Armen Sand, Lehm und Kies auf Sortieranlagen. Einen guten Steinwurf entfernt wird Münsinger Schotter abgebaut, den Gletscher vor rund 20'000 Jahren abgelagert haben.
Der Abbau von Kies macht rund ein Drittel der Tätigkeiten in Kästlis Kiesgrube aus. Mehrheitlich werden Materialien neu aufbereitet. So macht er aus Strassenbelägen neuen Asphalt, aus Ausbruch neuen Untergrund für Strassen, aus altem Beton neuen Betonkies.
90 Prozent der Bauabfälle würden rezykliert, erklärt Martin Weder, Direktor des Fachverbands der Schweizerischen Kies- und Betonindustrie. Das mache einen Fünftel des gesamten Bedarfs aus. Kies abbauen könne man effizient in der Nähe von Agglomerationen, das spare teure Fahrten, sorge aber für Nutzungskonflikte. Zum Beispiel mit der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz.
Deren Geschäftsführer Raimund Rodewald stellt fest: «Alle wollen Kies und Sand, aber niemand die Grube.» Das sei das zentrale Problem in der Schweiz. Kies sei zwar vorhanden, dessen Erschliessung sei in der kleinräumigen Schweiz aber kaum noch möglich.