Seit kurzem leuchten in der Nacht wieder die Lichter des riesigen Casinos von Campione. Die Betreiber wollen der Bevölkerung damit signalisieren, dass das Casino bald wieder aufgeht. Wann genau können sie nicht sagen. Dennoch löst dieses Signal starke Emotionen aus.
Viele Bewohner von Campione können kaum glauben, dass das Casino wieder aufgeht. Sie freuen sich sehr über die Lichter und hoffen, dass mit dem Casino wieder etwas Leben zurückkehrt. Ausgestorben sei es hier gewesen in den letzten Jahren ohne die Casinobesucher.
Tränen fliessen, wenn die älteren Bewohner der Gemeinde über die vergangenen drei Jahre sprechen. Jahre in denen viele von ihnen ihren Gürtel massiv enger schnallen mussten. Denn mit dem Konkurs des Casinos fielen die Rentenzuschüsse weg, von denen sie bis anhin profitiert hatten. Durch diese Rentenzuschüsse aus dem Casino waren Pensionäre von Campione während Jahren finanziell deutlich bessergestellt als italienische Pensionäre in den umliegenden Gemeinden.
Existenzielle Probleme für die Gemeinde
Mit dem Casino-Konkurs war damit aber eben Knall auf Fall Schluss. Weil das Casino der einzige grosse Steuerzahler der Gemeinde war, war bald auch die Gemeindekasse leer, 80 der 95 Gemeindemitarbeiter verloren ihren Job. Kindergarten und Krippen wurde geschlossen. Viele Bewohner von Campione zogen weg, deren Wohnungen stehen leer, Geschäfte wurden geschlossen.
Im Casino laufen derzeit die Vorbereitungsarbeiten auf Hochtouren. So werden Getränke und Slotmaschinen angeliefert. Die Wiedereröffnung des Casinos wird gelingen, davon ist Geschäftsführer Marco Ambrosini überzeugt.
Denn auch beim Casino wird der Gürtel enger geschnallt. «Die Zahl der Angestellten war viel zu hoch, das alte Casino hatte 500 Mitarbeiter, wir werden mit 200 arbeiten. Zudem werden wir der Gemeinde viel weniger Geld abliefern müssen, weil die Gemeinde nicht mehr am Tropf des Casinos hängt.»
Casino soll familientauglich werden
Wer sich jetzt fragt, wie das gehen soll, das riesige Casino mit nur der Hälfte der Mitarbeiter zu bespielen, bekommt vom Manager Ambrosini eine klare Antwort: «Wir ändern auch den Inhalt des Casinos. Es soll hier nicht nur Poker und Roulette geben, sondern Läden, Restaurants und eine grosse Eventhalle für Konzerte.» Wenn das neue Casino seine Türen öffnet, soll es ein Ort für die ganze Familie sein. Nicht nur für diejenigen, die auf Glücksspiele stehen.
Ist diese neue Strategie Ausdruck von der stark gewachsenen Casino-Konkurrenz im Tessin? Gerade eben hat das Casino von Mendrisio seine neue Poker-Strategie angekündigt, es gibt zudem ein Casino in Locarno und eines in Lugano. Nein, sagt der Bürgermeister von Campione d' Italia, Roberto Canesi.
Ihm mache diese Konkurrenz keine Angst, im Gegenteil: «Wir müssen diese Mentalität überwinden und nicht von Konkurrenz, sondern von möglichen Synergien reden. Wenn wir Casinobetreiber zusammenspannen, könnten wir diese Gegend auch als Casino-Gegend promoten und so noch mehr von Touristen profitieren, die ins Tessin und ins grenznahe Italien reisen.»
Die Euphorie des Bürgermeisters und des Casinomanagers ist gross. Bei der Bevölkerung von Campione aber herrscht eher verhaltene Freude. Der Schock des Niedergangs der Gemeinde hat seine Spuren hinterlassen.