US-Milliardär Daniel Loeb hält Nestlé für zu selbstgefällig und zu bürokratisch. Der Konzern bewege sich nicht schnell genug und trenne sich zu zögerlich von allzu schwachen Geschäftseinheiten, sagt der Hedge-Fonds-Manager. Er schlägt daher eine Aufsplittung des Konzerns vor.
Unter anderem soll die Getränke-Sparte abgetrennt werden, forderte Loeb nach Angaben der «Financial Times» in einem Brief ans Management. Zudem erneuerte er die Forderung, dass Nestlé seinen 23-Prozent-Anteil am Kosmetikkonzern L' Oréal verkaufen soll.
Loeb ist ein Jahr dabei – mit klaren Vorstellungen
Seit letztem Juni hält Loeb mit seinem Hedge-Fonds Third Point einen Stimmenanteil von rund 1,3 Prozent an Nestlé und ist damit achtgrösster Investor. In der Finanzwelt wird er zu den aktivistischen Investoren gezählt, die gezielt Einfluss auf Firmenentscheidungen nehmen. Gleich nach seinem Einstieg hatte Loeb die unterdurchschnittliche Kursentwicklung der letzten Jahre kritisiert und eine Verbesserung der Gewinnmarge verlangt.
Die Forderung von Loeb ist zum Teil berechtigt. Das Geschäft läuft flauer als noch vor ein paar Jahren, denn viele Konsumenten kaufen wieder vermehrt frische regionale Lebensmittel statt Fertigware. Diesen Wandel hat Nestlé unterschätzt. Konkurrenten wie Unilever geht es da nicht anders, aber sie reagierten zum Teil schneller und verkauften Bereiche, die nicht genug abwarfen. Bei Unilever war es der Verkauf der Margarinen-Sparte.
Auch Nestlé hat sich bewegt
Nestlé ist da deutlich zögerlicher. Der neue Konzernchef Mark Schneider hat zwar fünf Kernsparten definiert, die besonders wichtig sind, darunter Kaffee, Babynahrung oder eben auch Getränke. Diese machen aber nur die Hälfte des Gesamtumsatzes aus, weshalb sich viele Investoren fragen, warum er nicht noch mehr schwache Geschäftsbereiche abstösst. Denn auch unter Schneider schwächten sich Umsatzwachstum und Ergebnis weiter ab. An der Börse verlor Nestlé deutlich an Wert, was die Investoren nicht erfreut.
Loeb will Schwäche ausnützen
Wie in Branchenkreisen zu hören ist, erwartet Nestlé auch für das zweite Quartal relativ schwache Zahlen. Das hängt unter anderem mit dem Streik der Lastwagenfahrer in Brasilien zusammen, wo Nestlé einen Teil seines Umsatzes erwirtschaftet.
Nestlé ist dadurch im Moment angreifbar. Diese Schwäche will nun offenbar der aktivistische Investor Loeb ausnützen, um Nestlé unter Druck zu setzen, auch wenn er nur 1,3 Prozent der Firmenanteile hält. Das Management kann ihn nicht einfach ignorieren, denn es besteht immer die Gefahr, dass er sich mit anderen Investoren zusammenschliesst.
Nestlé ist kein Einzelfall
Dass ein Konzern wegen eines einzelnen Investors unter Druck gerät, ist kein Einzelfall. Ein prominentes Beispiel ist der Schweizer Spezialchemie-Konzern Clariant, der sich eigentlich mit dem US-Rivalen Huntsman zusammenschliessen wollte. Er wurde dann aber von einem aktivistischen Aktionär gestoppt. Dieser hatte allerdings deutlich mehr Anteile an Clariant als Loeb bei Nestlé.