Malta und Zypern, zwei kleine Mittelmeerinseln, zwei EU-Mitglieder – und zwei Staaten, die ihre Staatsbürgerschaften Superreichen verkaufen.
«Citizenship-by-Investment», also: Staatsbürgerschaft gegen Investition. So werden die entsprechenden Programme genannt, die zu sogenannt «Golden Passports» führen.
Für 800'000 Euro EU-Bürger werden
Malteser kann werden, wer dem Staat 800'000 Euro zahlt. Zyprer kann werden, wer zwei Millionen Euro zahlt. Hinzu kommt in beiden Staaten die Pflicht, in Immobilien zu investieren.
Nebst Malta und Zypern verkaufen auch Bulgarien und Österreich ihre Staatsbürgerschaften. Bulgarien hat angekündigt, sein Programm zu stoppen.
Seit Zypern das Programm 2008 lanciert hat, haben sich dort über 3000 reiche Privatpersonen einbürgern lassen.
Malta begann 2014 mit dem Verkauf seiner Staatsangehörigkeit. Über 2000 vermögende Privatpersonen wurden seither auf diesem Wege Malteser.
Jeder Zyprer und Malteser darf sich in der ganzen EU niederlassen – und aufgrund der Personenfreizügigkeit auch in der Schweiz.
Überdurchschnittliche Zuwanderung
Das scheint sich in den Statistiken niederzuschlagen. Laut neuesten Zahl des Staatssekretariats für Migration hat die ständige Wohnbevölkerung aus Malta und Zypern in der Schweiz in den letzten 12 Monaten um rund 20 Prozent zugenommen. Zum Vergleich: Die ständige Wohnbevölkerung aus EU- und Efta-Staaten ist im gleichen Zeitraum um 7 Prozent gestiegen.
Heute leben laut Bundesamt für Statistik 90 Prozent mehr Malteser und 340 Prozent mehr Zyprer hier als vor dem Start der jeweiligen Einbürgerungsprogramme und dem Verkauf der Staatsbürgerschaften.
Dieser Anstieg sei nicht überraschend, findet der Zürcher Anwalt Christian Kälin von Henley & Partners, einem Beratungsunternehmen, das sowohl Regierungen als auch Privatpersonen berät, die an «Citizenship-by-Investment» interessiert sind.
«Es ist klar, dass sich Leute zum Beispiel in Malta um eine Staatsbürgerschaft bewerben, dann aber nicht in Malta wohnen», so Kälin. Es gebe einige wenige, die dort wohnen würden: «Aber die meisten gehen nach London oder in die Schweiz, weil sie hier sein wollen.»
Malteser und Zyprer können weltweit ohne Visa in 182 bzw. 173 Länder einreisen – in fast so viele wie Schweizer.
Für kleinere Summen, als für die Staatsbürgerschaft erteilen Malta, Zypern und elf weitere EU-Mitglieder mehrjährige, verlängerbare Aufenthaltsbewilligungen, sogenannte «Golden Visa».
Diese berechtigen zur Niederlassung im entsprechenden Staat und zum visumfreien Reisen im Schengen-Raum.
Geschätzte 100'000 Reiche haben sich auf diesem Wege ein Aufenthaltsrecht erkauft, allen voran Chinesen und Russen.
Mit dem Verkauf von Pässen und Aufenthaltsbewilligungen flossen in den vergangenen zehn Jahren rund 25 Milliarden Euro in die Staatskassen von EU-Ländern, schätzt die Nichtregierungsorganisation Transparency International.
Kritik von NGO und EU-Kommission
Transparency International hat die Golden Passports- und Golden-Visa-Programme verschiedener Staaten analysiert.
Martin Hilti, Geschäftsführer von Transparency International Schweiz, sagt: «Es hat sich gezeigt, dass es in diesem Bereich an Transparenz mangelt. Es ist nicht klar, unter welchen Bedingungen die reichen Ausländer zu diesen Aufenthaltsbewilligungen bzw. EU-Pässen kommen.»
Zusätzlich bestehe ein grosses Sicherheits-, Geldwäscherei- und Korruptionsrisiko, da insbesondere nicht geprüft werde, woher das Geld komme.
Auch die EU kritisiert die Programme. Justizkommissarin Věra Jourová spricht vom «goldenen Tor nach Europa», das sich «wenigen Privilegierten» öffne, «die genug Geld haben, um sich eine Staatsbürgerschaft oder Aufenthaltsbewilligung zu kaufen.»
Für Passhändler Christian Kälin ist die Kritik unberechtigt: «Die Äusserungen über Kriminalität, Geldwäscherei – das ist einfach Nonsens.»
Natürlich sei es so, dass ab und zu mal jemand in Malta eingebürgert werde, von dem man nachher feststelle, dass es ein Problem gebe: «Aber das sind ganz wenige. Alle Bewerber werden sehr genau geprüft.»
Mangelnde Verbindung zum neuen Heimatland
Weiter stört die EU-Kommission, dass die Neubürger und Inhaber von Golden Passports keine Verbindung zu ihrer neuen Heimat haben müssen.
«Bewerber sollten eine echte Verbindung zu dem Land haben, dessen Bürger sie werden wollen. Und diese Verbindung sehen wir in diesen Programmen nicht ausreichend gewährleistet», sagt Justizkommissarin Věra Jourová.
Gar kein Verständnis dafür zeigt Passhändler Christian Kälin: «All die romantischen Konnotationen rund um die Staatsbürgerschaft» seien eine Sache aus der Vergangenheit: «Wir sind im Prinzip bereits in der Zukunft. Und die EU-Kommission ist noch in der Vergangenheit.»