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Ärger über Mängel auf Schweizer Baustellen
Aus Echo der Zeit vom 16.07.2019. Bild: SRF. Klaus Bonanomi
abspielen. Laufzeit 6 Minuten 59 Sekunden.

Harte Konkurrenz auf dem Bau Kampf gegen schwarze Schafe

Auf jeder vierten Baustelle werden die Vorschriften nicht eingehalten. Ein grosses Problem für ehrliche Bauunternehmer.

Dorfrundfahrt durch ein Einfamilienhausquartier im aargauischen Safenwil: «Dieses Einfamilienhaus steht seit fünf Jahren hier. Es ist unbewohnbar», sagt der mittelständische Bauunternehmer Marco Rulli. Man werde das Haus wohl wieder abbrechen müssen: Die Fassade bröckelt, der Keller ist undicht, die Mauern schimmeln.

Der Generalunternehmer, der dieses «Abbruchobjekt» erstellt hat, ist nicht erreichbar. Seine diversen Bauunternehmen im Handelsregister befinden sich entweder in Liquidation oder sind Konkurs gegangen.

Wohnen auf der Baustelle

Nächste Station ist ein Mehrfamilienhaus. Es ist teilweise bereits bewohnt, im Vorgarten steht ein kleines Spielhäuschen aus rotem Kunststoff. Daneben liegen Bauschutt, Röhren, Isolationsmaterial, Gerüste in wilder Unordnung.

Hier sei über lange Zeit am Abend und am Wochenende immer wieder gewerkelt worden. Seit Monaten liege der Bauabfall ums Haus herum. «Die Suva-Vorschriften werden hier weit und breit nicht eingehalten», sagt Rulli.

Mängel, wohin man schaut

Zurück in seinem Büro zeigt der Bauunternehmer Fotos von anderen Baustellen: Arbeiter in Turnschuhen und ohne Helm und Handschuhen, die abends um Viertel nach acht Paletten abladen.

Zwei Männer laden Bretter mit einem Kran ab.
Legende: Paletten abladen ohne Schutzhelm, Handschuhe und das um 20.15 Uhr abends. Ganz sicher nicht vorschriftsgemäss. M.Rulli

Ein anderes Bild zeigt eine Baugrube mit einer viel zu steil angelegten Böschung, die abzurutschen droht; oder einen Rohbau mit nachträglich eingefügten Stützwänden, weil die mangelhaft konstruierten Grundmauern eingedrückt zu werden drohten.

Konkurrenz ja – aber fair muss sie sein

«Ich möchte eigentlich nicht den Polizisten spielen und andere anschwärzen», sagt Rulli über seine privaten Kontrollfahrten. Doch: «Leider ist das untragbar – da muss man irgendwann etwas unternehmen.»

Er habe nichts gegen Konkurrenz. Aber diese dürfe nicht unlauter sein. Wer unqualifiziertes Personal zu tiefen Löhnen anstelle und die geltenden Vorschriften nicht einhalte, könne billiger offerieren und damit den seriösen Anbietern Aufträge wegschnappen. Das Problem sei «sehr gross» und habe sich in den letzten Jahren zugespitzt.

Der Einfallsreichtum jener Firmen, die das Gesetz umgehen wollen, kennt keine Grenzen.
Autor: Guido Schluep Gewerkschaft Syna

Wenn Rulli Verstösse sieht, meldet er sie oftmals den zuständigen Behörden und Kontrollinstanzen. «Offenbar ist es aber nicht so einfach, die Verstösse zu belegen», stellt Rulli fest. Für die Kontrollinstanzen sei es im Einzelfall sehr schwierig, die Verantwortlichen zu benennen und ihnen die Verstösse nachzuweisen.

Diese Situation bestätigt auch Guido Schluep von der Gewerkschaft Syna: «Der Einfallsreichtum der Firmen, die das Gesetz umgehen wollen, kennt keine Grenzen», sagt er. Mehr Kontrollen seien schon möglich – aber das koste dann auch mehr Geld.

Jede vierte Baustelle beanstandet

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Derzeit werden laut der Gewerkschaft Syna pro Jahr rund 10'000 Baustellen kontrolliert. Auf jeder vierten werden Lohndumping oder andere Vertragsverstösse festgestellt. Die Kontrollen werden von Gewerkschaften gemeinsam mit den Arbeitgebern in sogenannten paritätischen Kommissionen durchgeführt.

Bei der Unfallversicherungsanstalt Suva heisst es, man kontrolliere jährlich rund 8000 Baustellen. Letztes Jahr seien auf fast 1500 Baustellen schwerwiegende Mängel festgestellt worden.

In fast 1000 Fällen habe man Baustellen sogar vorübergehend schliessen müssen, bis die Sicherheit wieder gewährleistet worden sei, so die Suva.

Digitales System für Baustellenkontrolle

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Die Kontrollen auf den Baustellen sollen schon bald durch ein digitales Zutritts- und Kontrollsystem erleichtert werden. Damit könne die Einhaltung der Regeln leichter kontrolliert werden, glauben die Sozialpartner. Doch auch dieses System kann nicht alle Probleme lösen: So gelten Mindestlöhne und Sozialleistungen nur für Angestellte, nicht aber für Selbständigerwerbende. Und gerade Arbeiter, die tatsächlich oder auch nur scheinbar auf eigene Rechnung arbeiten, sind auf Baustellen häufig anzutreffen.

Vom Schweizerischen Hauseigentümerverband heisst es, auch der Bauherr oder die Bauherrin sei in der Pflicht: Oftmals wüssten die einheimischen Unternehmer und Banken sehr genau über die schwarzen Schafe in der betreffenden Region Bescheid. Entsprechend lohne es sich, bei diesen die einschlägigen Informationen einzuholen, bevor ein Auftrag vergeben wird. (bonk)

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