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Wirtschaft Holcim und Lafarge bilden neuen Zementriesen

Die beiden Konzerne Holcim und Lafarge schliessen sich zusammen. Der neue Riese soll LafargeHolcim heissen und seinen Hauptsitz in der Schweiz haben. SRF-Wirtschaftsredaktorin Barbara Widmer geht davon aus, dass die Europäische Wettbewerbskommission Auflagen machen wird.

Holcim und Lafarge wollen den grössten Zementkonzern der Welt bauen. Der Schweizer Weltmarktführer und die Nummer zwei aus Frankreich sind in 90 Ländern tätig. Zusammen kommen sie auf einen Umsatz von 39 Milliarden Franken und operativ auf einen Gewinn von 8 Milliarden Franken.

«Holcim und Lafarge wollen sich in wichtigen Märkten ergänzen», sagt Barbara Widmer, SRF-Wirtschaftsredaktorin. «Holcim ist stark in Lateinamerika, Lafarge ist breit aufgestellt in Afrika und im Nahen Osten.»

Nach Spekulationen über eine Fusion haben die beiden Unternehmen ihren Plan offiziell vorgestellt. Holcim-Verwaltungsrat Wolfgang Reitzle ist als Präsident vorgesehen, und der Franzose und bisherige Lafarge-Chef Bruno Lafont soll die Rolle des Konzernchefs übernehmen.

Keine Standortschliessungen

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Der neue Konzern LafargeHolcim soll innerhalb der ersten Jahreshälfte 2015 Realität werden und seinen Sitz in der Schweiz haben, in Rapperswil-Jona (SG).

Dies weckt Ängste in Frankreich. Vor den Medien in Paris versicherte Lafarge-Chef Lafont, LafargeHolcim werde Frankreich nicht verlassen. Lafarge habe unter anderem mehrere «Zentralen in Frankreich». Lafont verwies auch darauf, dass das Forschungszentrum des fusionierten Konzerns in Lyon sei.

Oberstes Gremium des neuen Megakonzerns wäre ein 14-köpfiger Verwaltungsrat, in den von beiden bisherigen Konzernen je sieben Mitglieder einziehen sollen. Die Fusion soll zudem zu keinen Standortschliessungen führen. Das versicherte Holcim-Verwaltungsratspräsident Rolf Soiron. «Wir fusionieren nicht, um die Gruppe tiefgreifend zu restrukturieren», erklärte Lafarge-Chef Lafont.

«Es braucht weniger Zement»

SRF-Wirtschaftsredaktorin Widmer ist bezüglich der Aussagen des Lafarge-Chefs eher skeptisch: «Die Branche leidet seit Jahren an Überkapazität. Aufgrund der Wirtschaftskrise wird seit Jahren weniger gebaut und es braucht weniger Zement.» Auch die hohen Energiekosten machten den Konzernen zu schaffen. «Der Konzern wird sicher Geschäftsfelder bereinigen müssen.» Es werde zu Verkäufen und Werkschliessungen kommen, vor allem in den Ländern, in denen beide Konzerne gut vertreten sind, meint sie.

EU wird noch entscheiden

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Die EU-Wettbewerbsbehörde möchte sich noch nicht äussern. Das Recht der EU verbietet Fusionen, wenn der Wettbewerb im EU-Binnenmarkt signifikant beeinträchtigt wird. Für die Schweizer Wettbewerbskommission (Weko) ist der Zusammenschluss kein Thema, da Lafarge in der Schweiz einen jährlichen Umsatz von weniger als 100 Millionen Franken erzielt.

Auch die Medienmitteilung der Konzerne hält fest, dass 10 bis 15 Prozent des Geschäfts abgestossen werden sollen, um Mehrspurigkeiten zu verhindern und um regulatorischen Anforderungen gerecht zu werden. Durch den Zusammenschluss sollen 1,7 Milliarden Franken an Synergien drin liegen.

Holcim will einen öffentlichen Aktientausch anbieten: Für eine Lafarge-Aktie bietet Holcim eine eigene Aktie an. Die avisierte Fusion wird allerdings als ein Zusammenschluss unter Gleichen bezeichnet. Die Hauptaktionäre der beiden Unternehmen seien mit dem Vorhaben einverstanden. Der Schweizer Industrielle Thomas Schmidheiny ist einer der Holcim-Grossaktionäre.

Möglichst bald Gespräche mit Behörden

Die Gespräche mit den europäischen Wettbewerbsbehörden würden unverzüglich aufgenommen. LafargeHolcim sei bereit, mit den Behörden umfassend zu kooperieren. In vielen Ländern seien die Aktivitäten von Lafarge und Holcim komplementär.

Widmer sagt dazu: «Holding und Lafarge werden in Europa und den USA eine marktbeherrschende Stellung haben. Es wird deshalb sicher Auflagen geben. Der Zementriese kann sonst den Wettbewerb ausschalten.»

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