Wer jetzt zu zweit die beiden Nächte vor Heiligabend im Gstaad Palace verbringen will, zahlt mindestens 3550 Franken. Das Hotel zählt international zu den Top-Adressen für Luxussuchende. Es ist eines der wenigen Hotels in dieser Preisklasse, das familiengeführt ist. Geschäftsführer Andrea Scherz verrät, welche Ansprüche seine Gäste haben – und wann er auch mal eingreifen muss.
SRF: Hier in der Hotelbar waren viele Berühmtheiten: Elizabeth Taylor, Grace Kelly, Roger Moore, Richard Gere, Elton John, Madonna. Wie wichtig sind die Namen eigentlich noch?
Andrea Scherz: Ich glaube, schon wichtig. All die Namen tragen zum Glamour des Hotels bei. Sie tragen es in alle Welt hinaus.
Sie haben hier einen Dresscode. Was heisst das? Können die Gäste am Morgen zum Frühstück mit Badelatschen kommen?
Lieber nicht.
Wie ist es im Sommer mit kurzen Hosen? Ihre Gäste sind ja meistens Leute, die im Leben alles bekommen. Gehen Sie zu ihnen und sagen, sie sollen sich umziehen?
Ich schalte mich meistens in der letzten Instanz ein. Zuerst machen das meine Mitarbeiter. Die meisten akzeptieren es aber. Wir haben Schilder, auf denen steht: keine zerrissenen Jeans, keine Caps, keine T-Shirts. Ein Pullover geht, Polohemden und normale Hemden auch. Aber ein bisschen Stil muss sein. Hier ins Palace kommen Leute, um ihre schöne Garderobe zu zeigen. Wir haben sogar Gäste, die ihre Juwelen aus dem Ausland in eine lokale Bank schicken. Da ist es nicht so passend, wenn jemand mit zerrissenen Jeans herumläuft.
Sie haben mal gesagt, Sie seien so etwas wie ein Erzieher der reichen Leute.
Manchmal ja. Hin und wieder bedanken sich auch Eltern bei mir. Sie sagen: ‹Ich habe gehört, Sie haben gestern meinen Junior hinausgeworfen. Merci, das haben Sie tipptopp gemacht. Er muss es lernen.›
Wir hatten mal einen Gast, der seine Suite um 30 Zentimeter erhöhen wollte.
Erzählen Sie: Welche kuriosen Wünsche haben Ihre Gäste?
Ich habe so viele erlebt. Wir hatten mal einen Gast, der den Boden seiner Suite um 30 Zentimeter erhöhen wollte, weil er besser aus dem Fenster sehen wollte. Wir mussten Bierharassen im ganzen Zimmer verteilen.
Stimmt es, dass man auch sein Mobiliar von zuhause mitnehmen kann? Wenn zum Beispiel jemand in der Weihnachtszeit nicht auf seinen Schreibtisch verzichten kann, dann kann er ihn mitnehmen?
Ja, am Freitag kommt wieder ein Schreibtisch. Ein schöner Hermes-Schreibtisch. Er wird hier ausgepackt, ausgerichtet, wie der Gast es will, und dann ist er glücklich.
Sie haben fünf Restaurants im Hotel. Gehen Sie auf jeden Wunsch ein? Oder sagen Sie auch mal: Das können wir jetzt nicht liefern?
Der Küchenchef ärgert sich eher, wenn er nicht bieten kann, was der Gast wünscht. Manchmal sagt er: ‹Das kann ich heute leider nicht machen, ich habe keinen Hirschrücken. Aber morgen können Sie Ihren Hirschrücken zum Zmittag haben.›
Ganz ehrlich: Haben Stammgäste gewisse Privilegien?
Es ist klar, Stammgäste kennen die Mitarbeiter besser, und die Mitarbeiter kennen sie besser. Mit der Zeit entsteht eine gewisse Freundschaft. Es ist menschlich, dass Stammgäste manchmal vielleicht den schöneren Tisch bekommen.
Wenn mal wieder ein Gast einen besonderen Wunsch hat, denken Sie auch manchmal: Der hat jetzt eine Schraube locker?
Ja, das gibt es. Aber das sind oft Leute, die jüngeres Geld haben.
Es gibt einen Unterschied zwischen altem Reichtum und jungem Reichtum?
Wir merken oft, dass Familien, die das Geld über Generationen haben, sehr gemässigt sind, sehr dankbar und zuvorkommend. Und jene, die ihre erste Million gemacht haben, müssen noch ausreizen, was man aus dem System herausholen kann.
Das Gespräch führte Reto Lipp.