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Wie gefährlich ist Bitcoin? Thomas Jordan und Axel Weber diskutieren mit Reto Lipp
Aus Eco Talk vom 22.01.2018.
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 41 Sekunden.

Hype um Kryptowährungen Nationalbank-Präsident warnt vor Bitcoin

Bitcoin und Co. sind wie geschaffen für kriminelle Machenschaften. Thomas Jordan weist auf dieses Gefahrenpotenzial hin.

Ohne eine Kontrollstelle gelangen Bitcoins sicher vom Sender zum Empfänger. Dafür sorgt das Blockchain-Prinzip, das der Kryptowährung zugrunde liegt. Wer Sender und Empfänger sind, bleibt geheim. Für den Präsidenten der Schweizerischen Nationalbank ist das ein Grund, auf das negative Potenzial solcher Kryptowährungen hinzuweisen. «Bitcoins und andere Währungen werden sehr oft für dubiose Zwecke verwendet», sagt Thomas Jordan im «ECO Talk».

Axel Weber, Präsident der UBS, stimmt zu: Kryptowährungen würden oft benutzt, «um zu verschleiern, wer eigentlich hinter einer Transaktionen steht.» Dies lade zum Missbrauch ein.

Beide halten es für falsch, Bitcoin und Co. überhaupt als Währungen zu bezeichnen. Thomas Jordan: «Kryptowährungen sind ein Phänomen der Spekulation. Sie haben im Moment nicht die Eigenschaften einer Währung, sie sind viel zu volatil, sie werden kaum benutzt, um richtige Zahlungen zu tätigen. Die Wertaufbewahrung ist schwierig, und man kann sie auch nicht benutzen, um Preise festzulegen.»

Phänomen der Gier

«Es gibt ein wichtiges Prinzip», sagt SNB-Präsident Thomas Jordan. «Ähnliche Aktivitäten sollten ähnlich reguliert werden. Und Bitcoin und andere Kryptowährungen haben einige Eigenschaften wie andere Anlageinstrumente.» Und: «Man kann nicht auf der einen Seite das Bargeld sehr stark drangsalieren und einschränken und dann auf der anderen Seite andere Instrumente zulassen, die völlig anonym sind und in grossem Ausmass für alle möglichen Transaktionen verwendet werden können.»

Rote Bitcoin-Kurve.
Legende: Der Wert von Bitcoin hat sich alleine im vergangenen Jahr ver-15-facht. SRF

Laut UBS-Präsident Axel Weber sind Kryptowährungen ein Phänomen der Gier: «Die Leute sehen: Hier ist ein Investment, das sich im Wert verzehnfacht, verhundertfacht hat. Da gibt es natürlich grosse Anreize zu sagen: Da werde ich jetzt auch investieren und diesen Gewinn mitnehmen.» Die UBS warne denn auch ihre Kunden davor, Kryptowährungen als Investment anzusehen.

Mehr noch: Axel Weber findet, es sei Zeit, sie zu kontrollieren. «Früher waren Kryptowährungen eine Spezialität für wenige Anwender. Jetzt gehen sie in den Bereich der breiten Öffentlichkeit, und ich glaube, dass das der Punkt ist, an dem auch die Regulatoren sich dieses Phänomen anschauen sollten.» Es werde «viel Geschrei geben», wenn das Ganze kollabiere.

Ausdruck von verlorenem Vertrauen

Bisher spielt sich die Entstehung und der Handel von Kryptowährungen ausserhalb des Einflusses von Banken und Nationalbanken ab. Nicht zufällig: Der Boom ist auch ein Ausdruck des verlorenen Vertrauens in das bestehende Geldsystem.

Als das Finanzsystem vor 10 Jahren vor dem Kollaps stand, sprangen die Zentralbanken ein. Die Kehrseite: Ihre Bilanzen sind stark gewachsen. Seit 2008 hat sich die Bilanzsumme der EZB verdreifacht, bei der Fed verfünffacht. Und bei der SNB mehr als versechsfacht auf aktuell 837 Mrd. Franken.

Bilanzen der Nationalbanken

SNB (CH) EZB (EU)
FED (USA)
837 Mrd. Fr.
5300 Mrd. Fr.
4300 Mrd. Fr.
(Nov. 17)
(Jan. 18)
(Sep. 17)

Die Notenbanken begannen zudem – ein Novum – direkt ins Finanzsystem einzugreifen und kauften im grossen Stil Staatsanleihen und sogar Anleihen von Unternehmen, um noch mehr Liquidität ins System zu pumpen. Das machte sie zu mächtigen Schaltstellen für die Wirtschaft und bereitete den Boden für alternative Systeme wie jenes der Kryptowährungen.

Vorschlag SNB-Konten

Einige Experten wie etwa Wirtschaftsprofesssor Markus Brunnermeier von der US-Elite-Universität Princeton meinen, den Zentralbanken könnte durch die digitale Konkurrenz ein Stück weit die Kontrolle über die Geldpolitik entgleiten. Es gebe eine Gegenmassnahme, meint Brunnermeier: «Eine Möglichkeit ist, dass die Zentralbank sich öffnet und jedem ein Girokonto anbietet, nicht nur speziell den Banken, sondern jedem Privatbürger.»

Dieses Szenario stösst bei Nationalbank-Präsident Thomas Jordan nicht auf offene Ohren: «Ich bin sehr skeptisch gegenüber diesem Vorschlag», sagt er. Er halte es für keine gute Idee, «wenn die Nationalbank die Bank für alle Leute wird. Wir sind die Bank für die Banken, und die Geschäftsbanken sind die Banken für das Publikum. Ich glaube, hier müssen wir sehr aufpassen, dass wir das System, das sich sehr bewährt hat, nicht einfach auf den Kopf stellen.»

Für Markus Brunnermeier steht aber ausser Frage, dass sich Zentralbanken mit Kryptowährungen beschäftigen müssen: «Wenn da eine Parallelwährung entstehen würde, müssen sie sich damit auskennen und möglicherweise dagegenlehnen – zumindest gegen den Missbrauch.»

Mit einem Marktwert von umgerechnet 560 Milliarden Franken sind Kryptowährungen noch kein Massenphänomen. Aber es ist immerhin schon halb soviel wie weltweit Schweizer Franken im Umlauf sind – 1000 Milliarden. Und vor allem die Entwicklung lässt aufhorchen: Nur ein Jahr zuvor betrug der Marktwert aller Kryptowährungen lediglich 17 Milliarden Franken.

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