Der Hersteller, der die Armbanduhr für jedermann beliebt gemacht hat, punktet seit neuestem mit Exklusivität. Die Neuinterpretation des legendären Omega-Modells «Moon Watch» von Swatch begeistert die Massen. Der Verkaufsstart einer neuen Ausgabe zieht erneut Heerscharen in die Shops.
Angefangen hat alles aber mal ganz anders. Mit tiefen Preisen und knalligen Designs revolutionierte Swatch vor 40 Jahren das Uhrengeschäft. Wie also ist es zur Abkehr vom Massenprodukt hin zum Statussymbol gekommen?
Zurück in die Zukunft
Lange dachte man bei Schweizer Uhren vor allem an das Luxussegment und Namen wie Rolex, IWC oder Patek Philippe. Swatch startete 1983 hingegen genau mit dem gegenteiligen Ziel: Sie sollte der Zeitmesser der breiten Massen sein. Mit auffälligen Designs oder der Kinderlinie «Flik Flak» eroberte sie weltweit die Herzen.
Die Lancierung kam genau zum richtigen Zeitpunkt. Denn die Schweizer Uhrenbranche befand sich in den 1980er-Jahren in der Krise.
Benjamin Gilgen, Studiengangsleiter Leadership an der Hochschule für Wirtschaft Zürich (HWZ) nennt den Swatch-Start 1983 im Rückblick denn auch «eine echte Disruption des Uhrenmarkts in Form einer Plastikuhr für 50 Franken Made in Switzerland.»
Das Stichwort heisst Verknappung
Trotz der Herausforderung durch neue Smartwatches hat sich spätestens während der Corona-Pandemie gezeigt: Die klassische Armbanduhr im Hochpreissegment ist so beliebt wie noch nie. Viele sehen in den mechanischen Meisterwerken eine sich lohnende Investition. Hersteller müssen gar Limiten einführen, um den Zweithandel zu unterbinden.
Genau in diesem Umfeld setzte der Riesenerfolg der «Moonswatch» vor einem Jahr ein. Marketing-Experte Gilgen nennt die Lancierung der Omega-Kopie denn auch einen «Tabubruch» und einen weiteren «Akt der Disruption» aus dem Hause Swatch. «Bislang versuchten Premium- und Luxusmarken auf Gedeih und Verderb ihre Exklusivität zu bewahren, dann kommt Swatch und stellt das ikonische Design der Omega Moonwatch einer 250-Franken-Uhr zur Verfügung.»
Nicht nur das Design und die Geschichte sind kopiert, sondern auch der Vertrieb wurde angepasst. Die Entscheidung, nur in ausgewählten Shops und nur beschränkte Mengen zu verkaufen, sei «ein klassischer Akt der Verknappung». Die limitierte Erhältlichkeit erklärt ein eigentliches Paradox: Obwohl die Uhr wohl für viele erschwinglich ist, bilden sich Schlangen vor den Geschäften.
Swatch kann sich wohl nicht auf dem Erfolg ausruhen
Swatch macht sein Geschäft aber nach wie vor mit der grossen Masse. Dementsprechend gross sind die Aufwände. «Die Werbemassnahmen zum Start der Moonswatch waren gut orchestriert», sagt Gilgen, der neben seiner Lehrtätigkeit auch Marken berät. Eine «Heerschar von Influencern» habe dazu beigetragen, dass der Hype seit nunmehr einem Jahr nicht abgeflacht ist.
«Der Erfolg der Moonswatch hat sogar die Macher überrascht. Nun aber muss Swatch das bestätigen.» In den vergangenen Tagen habe es bereits negative Rückmeldung zur neuen «MoonshineTM» in den sozialen Medien gegeben. Die Erwartungen waren gross, die Neuerungen sind vielen aber zu klein ausgefallen.
«Vor allem die jüngere Zielgruppe verbringt heute Stunden auf TikTok oder Instagram». Auf den Plattformen würden sich schnell Gewinner bilden, diese können aber genauso schnell wieder abstürzen. «Die grosse Frage bei der Moonswatch ist also: Wie geht es jetzt weiter?»