«Eier +14%, Butter +10%, Geflügel +8%.» Die Inflation verteuert unsere Lebensmittel. Allerdings ist das nicht immer auf dem Preisschild sichtbar, sondern manchmal nur am «geschrumpften» Inhalt erkennbar.
Dann ist die Rede von «Shrinkflation». Dieser Begriff setzt sich aus dem englischen Verb «shrink» für schrumpfen und dem Fachbegriff «Inflation» zusammen.
Solche versteckte Preiserhöhungen sind für die Konsumentinnen und Konsumenten meist nur schwer zu erkennen und erfolgen auf verschiedene Arten. Bekanntestes Beispiel:
Vor einigen Monaten ruderte der Getränkemulti zwar wieder zurück und brachte die 0.5 Liter-Flasche wieder ins Sortiment, jedoch nicht ganz uneigennützig. Durch den Ukraine-Krieg wird unter anderem PET zur Mangelware. Mit der Umstellung spart Coca Cola jährlich rund 3'300 Tonnen an Neu-PET ein. Zudem haben hiesige Detailhändler mit Parallelimporten von 0.5 Liter-Flaschen versucht, die alte Menge zum selben Preis im Sortiment zu behalten.
Kleinste Design-Veränderungen können Deziliter einsparen
Gerade bei Flaschen wird gerne getrickst, sagt Sara Stalder, Geschäftsleiterin der Stiftung für Konsumentenschutz Schweiz. Das Beispiel von Coca Cola sei eher seltener, viel öfter werde die Grösse einer Flasche marginal verkleinert: «Eine winzige Änderung der Flasche verändert das Volumen massgeblich. Dies kann schnell einen ganzen Deziliter ausmachen. Die Veränderung der Flasche ist aber sehr subtil und von blossem Auge kaum wahrnehmbar.»
Eine winzige Änderung der Flasche verändert das Volumen massgeblich.
Solche Fälle beobachte sie besonders oft bei Wasch- oder Putzmitteln, aber auch bei Genussprodukten wie Süssgetränken.
Dies bedeutet: weniger Zacken und Schokolade zum gleichen Preis. Laut Sara Stalder kein Einzelfall:
Gerade bei Süss- und Salzwaren wird diese Taktik gern und oft angewendet.
So sorgt Mars Wrigley 2022 für Aufruhr, als in zahlreichen Ländern das Gewicht ihrer Snickers-Riegel von 50g auf 44g reduziert wird. Kelloggs sorgt 2022 bei den beliebten Pringles-Chips in einigen Ländern sogar für eine doppelte Shrinkflation: Weniger Inhalt bei gleichzeitiger Preiserhöhung.
Der Süsswarenhersteller Haribo wird im letzten Herbst kritisiert, als er entscheidet, elf Bärchen weniger in seine Goldbären-Packungen zu packen – eine Preiserhöhung von 15 Prozent.
Oft wird das Gewicht aber nicht durch eine zahlenmässige Reduktion des Inhalts erreicht, sondern durch die Veränderung der Produktgrösse selbst. Einige Blätter weniger bei einer WC-Papier-Rolle fallen den wenigsten auf.
Die einzige Lösung: Vergleiche im eigenen Vorratsschrank
Laut Stalder nehmen die Detailhändler den Kundinnen und Kunden seit Jahren immer mehr die Übersicht. Kassenzettel werden ins Digitale verlagert und Preise von Alltagsprodukten seien oft nicht mehr angeschrieben. Ein Vergleich sei praktisch unmöglich, weil alte und neue Packungen in der Regel nicht nebeneinander im Supermarkt stehen. «Man versucht den Konsumenten das Gespür zu nehmen, wie viel Inhalt in einer Packung ist», sagt Stalder.
Auch wenn Vergleiche beim Detailhändler kaum möglich sind, gibt es doch einige Tipps für die Kundschaft.
«Als Konsument ist man quasi ausgeliefert»
Die bittere Realität bestätigt Stalder gleich selbst: «Im Grundsatz ist man als Konsument ausgeliefert.» Viele Konsumentinnen und Konsumenten nehmen diese Veränderung auch gar nicht wahr. Ein entsprechender Aufruf auf der Plattform des Konsumentenschutzes, Missstände zu melden, führt 2022 zu keinen Ergebnissen.
«Normalerweise erhalten wir zu den meisten Aufrufen zahlreiche Meldungen, oft so viele, dass wir den Aufruf wieder schliessen müssen. Bei der Shrinkflation aber gab es über Monate hinweg keine einzige Meldung.»
Grosse Player können es sich erlauben
Grundsätzlich sind es laut Stadler marktmächtige Unternehmen, welche Shrinkflation praktizieren. Sie besitzen eine dominante Stelle im Markt. Je grösser sie sind, desto weniger haben sie zu befürchten.
«Es sind je nach Produktetyp oft dieselben Firmen, welche beanstandet werden. Nehmen wir das Beispiel Babywindeln: Wenn es da Beanstandungen gab, dann waren es fast immer Windeln der Marke Pampers.»
Shrinkflation wird auch in der Schweiz praktiziert. Die ausbleibenden Meldungen bei der Stiftung für Konsumentenschutz Schweiz wie auch die Aussagen der Medienstellen der hiesigen Detailhändler zeigen aber vor allem eines auf: Grundsätzlich werden in der Schweiz eher die Preise erhöht und nicht die Produkte geschrumpft. Kommt es zu versteckten Preisveränderungen bemerken es die meisten Konsumentinnen und Konsumenten nicht.