Der Wind weht, Vögel zwitschern. Sonst ist es ruhig auf dem Hügel oberhalb von Zofingen. Christoph Bill schaut auf die leere Wiese vor sich. Normalerweise sähe es in diesen Tagen hier ganz anders aus, erklärt der Organisator des Heitere Open Airs. «Man würde unzählige Zelte sehen, der Zeltplatz wäre praktisch voll belegt, die Infrastruktur würde komplett stehen. Die beiden Bühnen, all die Zelte, die Bars, die Essensstände und so weiter.»
Rund 50'000 Personen würden in diesen Tagen hier feiern. In diesem Jahr ist es völlig anders: «Manchmal könnte ich mich ohrfeigen, dass man so ein Szenario nicht irgendwo eingebaut hat. Man hat mal darüber gesprochen, es aber einfach wieder auf die Seite gelegt. Und plötzlich ist es hier, es ist unglaublich», so Bill. Immerhin, finanziell kann es sein Open Air verkraften, wenn es einmal ausfällt. Es konnte in den letzten Jahren Reserven bilden.
Auch Zulieferer von Ausfall betroffen
Vielen anderen sei dies jedoch nicht möglich gewesen, meint Bill, der gleichzeitig auch Verbandspräsident der Konzertveranstalter ist. «Man muss sich bewusst sein, dass die Luft schon jetzt für viele knapp wird, nicht nur für die Veranstalter, sondern auch für viele Zulieferer. Bei ihnen sind die Polster häufig dünner. Aus wirtschaftlichen Gründen ist es gar nicht möglich, riesige Polster anzulegen. Und da werden wir auf riesige Probleme zulaufen.»
Bill befürchtet eine Entlassungswelle in der Veranstaltungsbranche. Deshalb fordert er mehr Geld vom Bund. Dieser hatte im März 280 Millionen Franken für die Kultur versprochen. Das sei jedoch deutlich zu wenig: «Es reicht jetzt schon nicht. Es sind mehr Gesuche eingegangen, und wir müssen darauf pochen, dass, wenn diese Massnahmen verlängert werden, auch die finanzielle Unterstützung verlängert wird, wenn einem die Kultur etwas wert ist. Entsprechend wird es ein Mehrfaches dieses Betrages brauchen.»
Das Doppelte oder gar das Dreifache der 280 Millionen, schätzt Bill. Die finanzielle Hilfe ist aber nicht das Einzige, was er möchte. Er fordert auch, dass je nach Art der Veranstaltung unterschiedliche Coronaregeln gelten.
Man darf eben nicht alle Events in einen Topf werfen.
«Man muss die Massnahmen nicht bloss auf die Personenzahl abstellen, sondern man muss beginnen, die Art der Veranstaltung zu unterscheiden. Ist sie drinnen, ist sie draussen, ist sie bestuhlt oder können die Leute stehen? Wie lange sind die Leute vor Ort? Wie verhalten sie sich?» Das müsse man berücksichtigen. «Und da darf man eben nicht alle Events in einen Topf werfen.»
Der Bund soll je nach Veranstaltungstyp eigene Regeln ausarbeiten. Da draussen die Gefahr einer Ansteckung sehr wahrscheinlich kleiner ist, könnten die Musikfestivals davon profitieren. Und so ist Bill zuversichtlich, dass es im nächsten Jahr wieder eine Heitere Open Air geben kann und er nicht wieder auf einer leeren Wiese steht.