Mit Strom statt Kerosin zu fliegen, wäre gut fürs Klima und für die Ohren der Anwohnerinnen und Anwohner. Erste kleine vollelektrische Flugzeuge sind schon im Einsatz – auch in der Schweiz. Fürs Trainieren von Starts und Landungen sind sie ideal. Weit reisen kann man mit ihnen aber noch nicht. In Bern trifft sich am Wochenende die internationale EntwicklerInnen-Gemeinde, die das ändern will, zum sogenannten «Electrifly-In».
Rolf Stuber war bis vor kurzem Linienpilot bei der Swiss. Heute ist er Tüftler und passionierter Elektroflieger. Aus einem Hangar auf dem Flughafen Grenchen stösst er von Hand einen Pipistrel ans Tageslicht – ein kleines Sportflugzeug mit zwei Plätzen, das es in sich hat. Das erste zertifizierte vollelektrische Flugzeug der Welt wiegt rund 600 Kilogramm. Eine lärmintensive Aufwärmphase, wie sie bei herkömmlichen Sportfliegern nötig ist, braucht ein Pipistrel nicht. Vier Knöpfe einschalten, und los geht's.
Gesteuert wird ein Elektroflugzeug genau gleich wie ein herkömmliches. Allerdings macht es viel weniger Lärm, aber mehr Spass.
Der grosse Nachteil von Elektroflugzeugen: ein voller Tank, sprich eine Akkuladung, reicht gerade mal für rund 40 Minuten Flug. Immerhin sind bis zu neun Starts und Landungen möglich, bevor der Elektroflieger wieder an die Steckdose muss. Der Pipistrel sei deshalb perfekt geeignet als Trainingsflugzeug. Starts und Landungen seien das, was Pilotinnen und Piloten ohnehin am meisten üben müssten. Diese brauchen bei fossil betriebenen Flugzeugen aber besonders viel Treibstoff und verursachen viel störenden Lärm. Kommt dazu: wirtschaftlich sind Elektroflugzeuge sehr interessant.
Die Betriebskosten liegen bei einem Elektroflugzeug rund 50 Prozent tiefer als bei einem Flugzeug mit Verbrennungsmotor.
Auch Sandra Dubach fliegt seit fast 29 Jahren, früher für die Swissair, heute für die Swiss, als Maitre de cabine. Auch sie schwärmt für sogenannte «alternative Antriebe». Der Druck auf die Luftfahrt, klimafreundlicher zu werden, steige rasant, sagt sie und ergänzt:
Die E-Mobilität in der Luftfahrt hinkt derjenigen auf der Strasse mindestens 10 bis 15 Jahre hinten drein.
Die meisten Kleinflugzeuge seien Oldtimer mit hohen Emissionen und lärmigen Motoren. Um das zu ändern, organisiert Sandra Dubach mit ihrem Team bereits zum sechsten Mal ein sogenanntes Electrifly-In, das Entwicklerinnen und Entwickler von elektrisch und anders alternativ angetriebenen Flugzeugen aus ganz Europa in die Schweiz holt. Gianmario Giacomelli, Vizedirektor im Bundesamt für Zivilluftfahrt und zuständig für Luftfahrzeuge, begrüsst das sehr:
Auch bei der Fliegerei führt kein Weg an «Netto-Null» bis 2050 vorbei.
Für die grossen Passagierflugzeuge setzen Politik und Branche derzeit darauf, dass herkömmliche Motoren mit klimaneutralen Treibstoffen betrieben werden können. Bei Sport- und Trainingsflugzeugen aber könnten sich vollelektrische Motoren durchsetzen. Anders als bei den grossen Jets, wo internationale Konzerne den Ton angeben, wollen in diesem Bereich Entwicklerteams aus der Schweiz ganz vorne mitmischen.