Die Luft ist draussen. Konnte die Schweizer Wirtschaft im 2022 noch um rund zwei Prozent wachsen, dürfte sie 2023 kaum noch vom Fleck kommen. Die Konjunkturforscherinnen und Ökonomen gehen in ihren neusten Prognosen davon aus, dass das Bruttoinlandprodukt BIP um 0.2 bis allerhöchstens 1.0 Prozent zulegen kann.
Die gute Nachricht: Eine schmerzhafte, schwere Rezession sollte der Schweiz erspart bleiben. Dies, obwohl mit Europa und den USA gleich zwei wichtige Handelspartner der Schweiz Richtung Rezession driften.
Alarmierendes im «Kleingedruckten»
Liest man allerdings das «Kleingedruckte» bei den Wachstumsprognosen, fällt auf: Die Prognosen sind mit erheblichen Risiken behaftet. So sagt Rudolf Minsch, Chefökonom des Wirtschaftsdachverbandes Economiesuisse: «Unser Hauptszenario ist klar ein fragiles Wachstum auf dünnem Eis.»
Credit-Suisse-Ökonom Claude Maurer ortet die grösste unmittelbare Gefahr für die Schweiz bei der Energieversorgung: «Eine Energiemangellage würde die Schweizer Wirtschaft sehr stark treffen, etwa, wenn es zu Abschaltungen bei Gas oder Strom käme.»
Die Gefahr einer Strommangellage ist zwar kleiner als noch im Sommer, aber der mögliche Schaden wäre enorm gross.
Geldpolitik als Risikofaktor
Ein weiteres Risiko schlummert im Ausland. Notenbanken bekämpfen derzeit die Inflation mit teils forschen Zinserhöhungen. Dadurch werden Kredite und Investitionen teurer, während Sparen attraktiver wird. Das bremst das Wirtschaftswachstum und erhöht die Gefahr einer Rezession.
«Wenn die USA in eine tiefe Rezession abgleiten würden, würde auch die Rezession in Europa noch tiefer», warnt CS-Ökonom Maurer mit Blick auf die US-Notenbank, die besonders aggressiv gegen die Inflation vorgeht, und fügt an: «Dem könnte sich die Schweiz nicht entziehen.»
Denn die Schweiz lebt davon, Medikamente, Uhren, Maschinen und andere hochwertige Produkte nach Europa und Amerika exportieren zu können.
Privater Konsum als verlässliche Stütze
Eine zentrale Stütze der Schweizer Wirtschaft ist in der Regel der private Konsum: Der zeigt sich noch immer robust. «Das überrascht vielleicht, wenn man sich die Zahlen zur Konsumentenstimmung anschaut, die jüngst stark zurückgegangen ist», sagt Felicitas Kemeney vom Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco). Die Stimmung in der Bevölkerung ist schlecht – konsumiert wird trotzdem.
Hier hilft der robuste Arbeitsmarkt: Die Arbeitslosenquote ist noch immer sehr tief. Lohnerhöhungen kompensieren einen Teil der Inflation. Und viele Haushalte können noch auf Erspartes aus der Corona-Pandemie zurückgreifen. All das stützt den Konsum. Das könnte dazu beitragen, dass die Schweiz auch 2023 besser meistern wird als viele andere westliche Länder.