- Für den den Schweizerische Gewerkschaftsbund SGB wird 2022 sozial- und einkommenspolitisch zum Schlüsseljahr.
- Er fordert eine Trendumkehr: Statt Steuersenkungen für Unternehmen und Vermögende zu beschliessen, solle die Schweiz dafür sorgen, dass mehr Menschen weniger Krankenkassen-Prämien bezahlen müssen.
- Die Prämien-Verbilligungen sollen mit gegen drei Milliarden Franken aufgestockt werden, verlangt der SGB.
Der Schweizerische Gewerkschaftsbund SGB übt an seiner Jahresmedienkonferenz harsche Kritik an der aktuellen Politik. Chefökonom Daniel Lampart bezeichnet die vom Parlament geplanten Steuersenkungen als «verrückt»: «Diese sollen vor allem vermögenderen Leuten und Topverdienern zugutekommen. Bei Bund und Kantonen sind fast drei Milliarden an Steuerausfällen für Oberschichten oder Fast-Oberschichten geplant.»
Allerdings: Diese «fast drei Milliarden», mit denen laut Gewerkschaftsbund Unternehmen und Vermögende entlastet werden sollen, sind mit Vorsicht zu geniessen. Der SGB rechnet zahlreiche Ideen zusammen – wie die Abschaffung der Stempelsteuer oder des Eigenmietwerts –, von denen die wenigsten bereits definitiv entschieden sind.
Das räumt auch Lampart ein: «Wir hoffen, dass wir das bekämpfen können – sei es im Parlament oder an Volksabstimmungen. Damit sich die Einkommenssituation wieder etwas ausgleicht und nicht noch schiefer wird.» Der SGB nutzt seine Jahresmedienkonferenz also dazu, Abstimmungskampf zu betreiben. Dies mit Blick auf die Vorlage zur Stempelsteuer, über die am 13. Februar abgestimmt wird.
Pauschal fordert Lampart: Statt über Steuersenkungen für Firmen und Vermögende zu diskutieren, lieber die kleinen Haushalts-Budgets bei den Krankenkassen zu entlasten.
Erwerbstätige Haushalte im Nachteil
Bund und Kantone greifen den ärmsten Haushalten aktuell mit knapp fünf Milliarden Franken pro Jahr unter die Arme. Ein grosser Teil davon lande aber bei Bezügerinnen und Bezügern von Sozialhilfe oder Ergänzungsleistungen, sagt Lampart. «Es bleibt immer weniger für Haushalte übrig, die erwerbstätig sind. Der Teil von ihnen, der nennenswerte Prämienverbilligungen erhält, ist relativ tief.»
Das bestätigt auch der Bund in seinem regelmässigen Monitoring: Demnach fliesst mittlerweile über die Hälfte der knapp fünf Milliarden zu Menschen, die Sozialhilfe und Ergänzungsleistungen beziehen. Menschen mit einem tiefen Einkommen bekommen hingegen immer seltener einen Zustupf an ihre Krankenkassenprämien.
Es kann nicht sein, dass ein Haushalt mit einem Maler und einer Verkäuferin gleich viel Krankenkassenprämien zahlt wie ein Bankiers-Ehepaar von der Goldküste.
Der Gewerkschaftsbund fordert deshalb, die knapp drei Milliarden Franken der geplanten Steuererleichterungen für Prämienverbilligungen zu nutzen. Das Ziel ist eine grundsätzliche Veränderung bei den Krankenkassenprämien: «Es kann nicht sein, dass ein Haushalt mit einem Maler und einer Verkäuferin gleich viel Krankenkassenprämien zahlt wie ein Bankiers-Ehepaar von der Goldküste», sagt Lampart.
Weniger Steuersenkungen – dafür mehr Krankenkassenverbilligungen: So die Forderung des SGB. Das letzte Wort hat bei beiden Themen meistens die Stimmbevölkerung.