Worum geht es? Anstatt über Banken oder Wagniskapitalgeber Geld für eine Geschäftsidee einzusammeln, setzen immer mehr Jungunternehmen auf ein sogenanntes «Initial Coin Offering» (ICO). Dazu veröffentlicht ein Jungunternehmen eine Geschäftsidee im Internet und lädt Investoren ein, etablierte Kryptowährungen wie Bitcoin und Ether bereitzustellen. Im Gegenzug erhalten die Investoren Coins (auch Tokens genannt), die das Jungunternehmen neu kreiert. Die so geschaffenen Coins bilden eine neue Kryptowährung, die auf Internetbörsen in andere Kryptowährungen oder traditionelles Geld getauscht werden kann. 4 der 6 grössten ICOs fanden in der Schweiz statt (s. Tabelle).
Wozu wird eine neue Kryptowährung gebraucht? Die neu geschaffenen Kryptowährungen haben unterschiedliche Funktionen. Manche Coins sollen als Zahlungsmittel oder als Zugangsberechtigung zu den Dienstleistungen dienen, die das Jungunternehmen später anbieten will. Andere Coins ähneln Aktien, mit oder ohne Stimmrecht, wieder andere ähneln Einlagen. Wozu der Besitz ermächtigt, entscheidet das Jungunternehmen bei der Schaffung der Coins. Hat das Jungunternehmen Erfolg, steigt der Preis seiner Kryptowährung an den Tauschbörsen. Davon profitieren die Besitzer der jeweiligen Coins.
Warum boomen ICOs? Für Jungunternehmen kann die Schaffung neuer Kryptowährungen durch ICOs eine schnelle und einfache Art sein, Geld für ihre Geschäftsidee zu sammeln. So konnten ICOs seit Januar 2017 Kryptowährungen im Wert von über 2 Milliarden US-Dollar einsammeln. Anders als zum Beispiel die Geldaufnahme durch einen Börsengang sind ICOs im Moment international noch kaum reguliert. Inzwischen sind die Finanzaufsichtsbehörden in mehreren Ländern zwar aktiv geworden, doch noch immer finden ICOs in einem rechtlichen Graubereich statt.
Gibt es eine Blase? Die Situation der ICOs erinnert an die Dotcom-Blase der späten 90er Jahre. Damals wurden Firmen mit Geschäftsideen für das damals neue Internet mit Millionen- und Milliardenbewertungen an den Börsen gehandelt. Im März 2000 folgte der Absturz, viele Unternehmen gingen pleite, ihre Versprechen auf künftige Gewinne liessen sich nicht halten. Ähnliches sagen Beobachter auch für Kryptowährungen und ICOs voraus: Mehreren Jungunternehmen gelang es innerhalb weniger Tage Kryptowährungen im Wert von über 100 Millionen Dollar einzusammeln. Aber nur sehr wenige der Versprechen, mit Blockchain die Welt zu revolutionieren, können eingelöst werden. ICOs sind deshalb eine höchst riskante Investition.
Was sind andere Gefahren? ICOs sind im Moment von Spekulanten getrieben, die Preise für Kryptowährungen fluktuieren stark. Weil ICOs zudem noch kaum reguliert sind, ist der Markt für Geldwäscher und andere Kriminelle interessant. Die FINMA hat bereits auf Betrüger aufmerksam gemacht und zudem angekündigt, «eine detailliertere Aufsichtspraxis zu ICOs (zu) entwickeln.» Auf Anfrage von «ECO» schreibt auch das Staatssekretariat für internationale Finanzfragen: «Die aktuelle Herausforderung liegt in der Schaffung klarer und möglichst einfacher regulatorischer Vorgaben für eine legale und individuelle Ausgestaltung von ICOs».