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Löhne 2025 Zufriedener Bauarbeiter trifft auf enttäuschte Pflegekraft

Der Lohnherbst ist fast Geschichte. Über die Ergebnisse freuen und beschweren sich die Gewerkschaften gleichzeitig.

Was haben die Arbeitnehmervertreter heute präsentiert? Durchzogene Bilanz: So lautet das Fazit von Travailsuisse, der Gewerkschaft Syna und des Personalverbands Transfair. An einer Medienkonferenz in Bern sprechen sie von gesunkenen Reallöhnen in den vergangenen drei Jahren. Insbesondere im Gesundheitswesen käme der wirtschaftliche Aufschwung nicht an. Travailsuisse nennt einen «Reallohnrückstand» im Gesundheitswesen von 3.8 Prozent. Auch Detailhandel und Gastronomie seien Negativbeispiele.

Was ist der Reallohn?

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Im Gegensatz zum Nominallohn berücksichtigt der Reallohn auch die Inflation (oder Deflation) einer Volkswirtschaft. Ist ein Lohn etwa in Zahlen (also nominal) um zwei Prozent gewachsen und hat die Wirtschaft eine Inflation von drei Prozent erlebt, so ist der Reallohn gesunken – und zwar um ein Prozent.

Der Reallohn gilt als aussagekräftiger für das Portemonnaie der Bürgerinnen und Bürger. Er sagt etwas darüber aus, wie viel sich der Einzelne wirklich leisten kann.

Wie laufen die Lohnverhandlungen? Eine Reihe von Löhnen sind noch in Verhandlung, etwa jene der Pharmabranche, der Post oder der Swisscom. Das Baugewerbe führen die Arbeitnehmervertreter als Positivbeispiel an. Hier steigen die Löhne 2025 um 1.4 Prozent. Gleichzeitig beschweren sie sich über einzelne Unternehmen und Branchen und haben Lohnverhandlungen scheitern lassen, etwa mit Coop (Vorschlag: 1 Prozent) oder mit mehreren Spitälern. Mit Ems Chemie wurde der GAV aufgelöst. Begründung: «Die Dividendenzahlungen an die Familie Blocher übersteigen inzwischen die Lohnsumme deutlich.»

Wie sieht das der Arbeitgeberverband? Er relativiert. Es greife zu kurz, nur auf die vergangenen drei Jahre zu schauen. So schreibt der Schweizerische Arbeitgeberverband auf Anfrage von SRF. «Die Reallöhne waren zwischen 2012 und 2021 deutlich angestiegen, bevor wir wegen des Kriegs in der Ukraine und aufgrund der Covid-Krise auch in der Schweiz von einer höheren Inflation betroffen waren. Der Reallohnverlust zwischen 2021 und 2023 ist auf diese Extremereignisse zurückzuführen.» 2024 seien die Löhne auch real wieder gewachsen, und man erwarte dies auch für 2025. Er weist auf die Konjunkturforschungsstelle KOF hin. Gemäss dieser sei der Anteil der Arbeitnehmerentgelte am Bruttoinlandprodukt (BIP) langfristig stabil geblieben beziehungsweise jüngst sogar leicht gestiegen.

Welche Rolle spielt die Schweizerische Nationalbank? Die SNB hat ihre Inflationsprognose am 12. Dezember markant gesenkt. Sie rechnet für das kommende Jahr mit einer Teuerung von 0.3 Prozent. Im August 2024 lag sie bei 1.1 Prozent, im November bei 0.7 Prozent. Damit hätten die Bewohner und Bewohnerinnen der Schweiz 2025 real mehr im Portemonnaie als angenommen.

Ist das nicht eine gute Nachricht? Für die Gewerkschaften reicht das nicht aus. Die Unternehmen seien produktiver geworden. Auch davon müssten die Angestellten profitieren. Zudem sagt die Präsidentin der Gewerkschaft Syna, Yvonne Feri: «In diesen Teuerungsberechnungen sind beispielsweise Krankenkassenprämien nicht mitberücksichtigt.» Diese seien eine grosse Last. «Deshalb fordern wir neben dem Teuerungsausgleich auch eine Reallohnerhöhung in allen Branchen.»

Tagesschau, 16.12.2024, 12:45 Uhr

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