Der Lohnherbst ist angelaufen. Erste Verhandlungsabschlüsse mit Arbeitnehmern zeigen: Die Löhne auf dem Bau, in der Hotellerie und im Autogewerbe dürften 2017 zwischen 0,3 und 1 Prozent steigen.
Doch die Freude darüber wird bei vielen Arbeitnehmern nur von kurzer Dauer sein. Denn laut Prognosen soll auch die Teuerung in der Schweiz im kommenden Jahr zunehmen. Ökonomen rechnen mit bis zu einem halben Prozent.
Das bedeutet bei Lohnerhöhungen unter 0.5 Prozent für die Arbeitnehmer einen Kaufkraftverlust.
Nur ein Prozent mehr Lohn bringt etwas
Für Michael Siegenthaler von der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF) ist klar: «Nächstes Jahr ist kein gutes Jahr für die Lohnbezüger in der Schweiz. Man hat zwar nominal vielleicht ein bisschen mehr in der Tasche, aber auch die Preise steigen nächstes Jahr.»
Eine erste Zwischenbilanz zum Lohnherbst von der Unia, der grössten Gewerkschaft in der Schweiz, zeigt ein durchzogenes Bild. Nur wer ein Prozent mehr Lohn erhält, gehört in diesem Jahr zu den Gewinnern.
Noch sind bei weitem nicht alle Lohnverhandlungen abgeschlossen. Unia-Präsidentin Vania Alleva will aber substanzielle Lohnerhöhungen für alle erreichen. Allerdings würden die Arbeitgeber «pickelhart» verhandeln.
Kaufkraftverlust erstmals seit acht Jahren
In den letzten Jahren sind die Löhne im Durchschnitt um 1,2 Prozent angestiegen. Gleichzeitig sind die Preise gesunken. Selbst bei stagnierenden Löhnen ist deshalb die Kaufkraft angewachsen.
Als Grund für die sinkenden Preise werden der tiefe Ölpreis genannt sowie der starke Schweizer Franken, der Importe in die Schweiz deutlich verbilligt hat. Damit ist nun Schluss. Zum ersten Mal seit acht Jahren droht ein Kaufkraftrückgang.
Die UBS geht laut einer eigenen Studie davon aus, dass die Löhne im nächsten Jahr um durchschnittlich 0,6 Prozent steigen werden. Die Credit Suisse rechnet mit 0,5 Prozent mehr Lohn – aber auch mit einer Teuerung etwa in der gleichen Höhe.